Kraftwerk Plessa (vor 1945)

Vinzenz Czech

Das Kraftwerk Plessa wurde ab 1926 gebaut. Bauherr war der am 29. Dezember 1909 in Riesa gegründete „Elektrizitätsverband Gröba“, der seit 1912 das Gebiet von vier sächsischen Amtshauptmannschaften mit Elektrizität versorgte. Vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich das Unternehmen zu einem der größten seiner Art in Deutschland. Den Strom bezog es hauptsächlich von den Kraftwerken in Lauchhammer und Hirschfelde. Um die in den 1920er Jahren zunehmenden Versorgungsaufgaben zu lösen, entschloss man sich 1925 schließlich zum Bau eines eigenen Kohlenkraftwerkes.

Die Wahl des Standortes fiel auf Plessa. Der Bauplatz wurde in unmittelbarer Nähe zur Grube „Agnes“, direkt neben ihrer Brikettfabrik, festgelegt. „Der Standort hatte denkbar günstige Bodenverhältnisse und verfügte neben dem Reichsbahnanschluss nahe dem Bahnhof Plessa über einen unmittelbaren Anschluss an die Werksbahn der Braunkohlengrubengesellschaft. Das notwendige Wasser kam aus Tiefbrunnen, für die Rückkühlung des Kühlwassers waren Kühltürme notwendig. Die etwa zwei Kilometer entfernte Schwarze Elster diente lediglich der Wasserentnahme für das Zusatzwasser und den sonstigen Wasserbedarf des Werkes.“ (Baxmann 2001, 136) Im Mai 1926 erhielten die Berliner Siemens-Schuckert-Werke Aktiengesellschaft als Generalunternehmer den Auftrag, das Kraftwerk zu konzipieren und zu bauen.

Der Bau des Kraftwerks fiel in eine Zeit, in der die Braunkohlengewinnung in der Lausitz einen erheblichen technologischen Schub erfuhr. Die 1924 in Betrieb genommene Abraumförderbrücke im benachbarten Tagebau „Agnes“ und die dadurch gesunkenen Kosten im Abraumbetrieb führten zu einem preisgünstig verfügbaren Kohlenangebot. Das mag durchaus ein Grund für die Entscheidung des Verbandes für Plessa als Standort des neuen Werkes gewesen sein. Hier waren die Produktionsbedingungen günstig und vor allem existierte eine langfristige und verlässliche Rohstoffbasis für das Kraftwerk. Die „Plessaer Braunkohlenwerke“ boten dem Zweckverband einen preisgünstigen, langfristigen Liefervertrag sowie den notwendigen Baugrund an und sicherten gleichzeitig eine gewisse Stromabnahme zu.

Anfangs sollte die Leistung des Kraftwerkes 8.000 Kilowatt betragen, es war jedoch von vornherein als erweiterbares Modularkraftwerk geplant, d.h. es sollte sukzessive erweiterungsfähig sein. Eine spätere Leistungserweiterung bis zum Fünffachen war geplant. Damit wollte man u.a. erreichen, dass bereits nach sehr kurzer Bauzeit der erste Strom fließt. Nach nicht einmal einem Jahr Bauzeit lieferte das Werk im April 1927 den ersten Strom (Baxmann 2001, 136, 141) (Abb. 1-5).

Die Kraftwerksleistung betrug 1928 nach Errichtung des ersten Kraftwerksabschnittes mit Verwaltungsteil, E-Schaltanlage, einem Schornstein und der Aufstellung von zwei Turbinen 18 MW.

Bereits 1929/30 schloss sich eine Erweiterung des Maschinen- und Kesselhauses, der Außenbunkeranlage und diverser Nebenanlagen sowie die Aufstellung einer dritten Turbine (16 MW) an. Zu einer abermaligen Erweiterung kam es dann zwischen 1936 und 1942. Maschinen- und Kesselhaus erfuhren eine Verlängerung und einen Abschluss durch die Aufstellung von Turbine 4 (24 MW), einschließlich des zweiten Schornsteins. Daneben entstanden weitere Nebenanlagen, inklusive eines notwendig gewordenen dritten Kühlturms. Somit verfügte das Kraftwerk 1942 im Endausbau über 58 MW installierter Leistung. Seit der 1942 vorgenommenen umfassenden Modernisierung in seiner technischen Anlage arbeitete es bis zu seiner Stilllegung technologisch fast unverändert und weitgehend störungsfrei (Baxmann 2001, 141).

Die gesamte Kraftwerksanlage gliederte sich in folgende Objekte: Verwaltungs- und Werkstattgebäude, drei Kühltürme, Außenbunker sowie Bekohlung, das monumentale Hauptgebäude, das Wand an Wand Kessel- und Maschinenhaus vereinigte, Wasseraufbereitung, Schalthaus und Schaltwarte sowie zwei Schornsteine (Schornstein I, erbaut 1926/27 mit einer Höhe von 115 Metern und Schornstein II, erbaut 1940/41 mit einer Gesamthöhe von 120 Metern) (Baxmann 2001, 139) (Abb. 6).

Kurz bevor die Rote Armee Plessa erreichte, wurde das Kraftwerk vollständig heruntergefahren. Am 22. April 1945 wurde der Ort besetzt. Im Gegensatz zum Ort, der schwere Kriegsschäden erlitt, blieb das Kraftwerk weitgehend verschont (Kahl 2009, 115).

Literatur

Baxmann, Matthias: Kraftwerk Plessa. In: Kulturamt des Landkreises Elbe-Elster (Hrsg.): Ein energiehistorischer Streifzug durch das Elbe-Elster-Land. Kohle, Wind und Wasser. Herzberg/Elster 2001, S. 128-144.

Kahl, Dieter u.a. (Hrsg.): Braunkohlenverstromung im Lausitzer Revier. Die Geschichte ehemaliger Braunkohlenkraftwerke (= Beiträge zur Geschichte des Bergbaus in der Niederlausitz, 10). Cottbus 2009, S. 114-117.

Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hrsg.): Plessa/Lauchhammer/Schwarzheide (= Lausitzer Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven; 05). 2016.

Sucher, Herbert / Bartholomäus, Jürgen: Abraumförderung in unserer Region. 1999.

Abbildungsnachweis

Abb. 1 Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hrsg.): Plessa/Lauchhammer/Schwarzheide (= Lausitzer Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven; 05). 2016.

Abb. 2, 3 Sammlung Dr. Günter Grundmann (Detmold).

Abb. 4, 5 Norbert Gilson.

Abb. 6 Gemeinfrei.

Empfohlene Zitierweise

Czech, Vinzenz: Kraftwerk Plessa (vor 1945), publiziert am 13.10.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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