Beutersitzer Kohlenwerke GmbH, Berlin

 

Nach dem Erwerb von Kohlenfeldern bei Wildgrube gründeten Georg Hoeft und Emil Winter aus Südende bei Berlin sowie Wilhelm Rohrbeck aus Buckow bei Berlin die „Braunkohlenwerke Wildgrube und Wildgrube I“, die 1897 unter der Firmenbezeichnung „Beutersitzer Kohlenwerke Hoeft & Co.“ beim Oberbergamt Halle (Saale) angemeldet wurden.

Nach dem Beschluss zum Bau der Brikettfabrik Wilhelm bei Wildgrube wurde 1898 der Aufschluss der Grube Beutersitzer Kohlenwerke angezeigt, etwa 1,5 Kilometer östlich des Ortes Wildgrube gelegen. Den zunächst manuell mit Hacke und Schaufel abgetragenen Abraum transportierte man anschließend mit Kipploren und einer Dampflokomotive in das Bruchfeld des ehemaligen Tiefbaus Louise und verkippte ihn dort. Die aus dem Flöz gehackte Kohle verlud man in die Förderwagen der neuen gleisgebundenen Seilbahn, um sie anschließend zum Kohlenbunker der Brikettfabrik zu transportieren. Die Fabrik benötigte zu dieser Zeit noch etwa 30 Prozent der geförderten Kohle für den Eigenbedarf. Nach mehreren Erweiterungen war das Kohlefeld 1912 erschöpft und es kam zur Einstellung des dortigen Abbaus.

Die ersten vorbereitenden Aufschlussarbeiten der südöstlich von Tröbitz gelegenen Grube Wilhelm hatten bereits im Jahr 1906 begonnen. Die bis 1912 im Tiefbau gewonnene Kohle wurde mittels einer über zwei Kilometer langen Drahtseilbahn zur Brikettfabrik Wilhelm transportiert. Im Jahr 1912 begann dann im Süden des Tiefbaugebietes der Kohlenabbau im Tagebau mit einem Heißdampflöffelbagger. Wegen der hohen Betriebskosten und der Brandgefahr, die von diesem Bagger ausging, ersetzte man ihn 1913 durch einen elektrischen Eimerkettenbagger der Lübecker Maschinenfabrik, der auch als „Eiserner Bergmann“ bezeichnet wurde. Den Bergleuten fiel es damals noch schwer, sich an dieses Ungetüm zu gewöhnen, und auch die Bedienung stellte hohe Anforderungen an die Maschinisten. Die Kohle gelangte vom Bagger über eine Schurre in die Wagen. Die Zu- und Abfuhr der Förderwagen geschah mittels einer Seil- und später Kettenbahn.

Die Gesellschaft mit Sitz zunächst in Berlin und ab 1902 in Beutersitz ging 1916 in Liquidation. Noch im selben Jahr übernahm die „Beutersitzer Kohlenwerke GmbH“ mit Sitz in Berlin den Betrieb von Tagebau und Brikettfabrik in Wildgrube. Mitbesitzer dieser Gesellschaft war die Kohlengroßhandlung Louis Schulze in Berlin. (Abb. 1-4)

1922 wurde im Tagebau Wilhelm ein Hochbunker errichtet und mit dem Bau von Gleisanlagen begonnen, die eine Großraumförderung und einen schnellen Transport der Kohle in die seit 1899 betriebene Brikettfabrik Wilhelm ermöglichten. Im Juli 1927 war das Grubenfeld des Tagebaus Wilhelm ausgekohlt und die Arbeiten wurden eingestellt.

Bereits ab 1921 hatte „Beutersitzer Kohlenwerken“ Kohlenfelder zum Neuaufschluss auf dem Gebiet des Schadewitzer Forstes in der Oberförsterei Doberlug vom preußischen Staat erworben. Hier mussten sie in enger Abstimmung mit den Eigentümern der in direkter Nachbarschaft gelegenen Grubenbetriebe, der „Eintracht Braunkohlenwerke AG“ für die Grube Louise und der „Senftenberger Kohlenwerke AG“ für die Grube Hansa, vorgehen. Der unterirdische Kohlenabbau im neuen Feld begann 1925. Zwei Jahre darauf erfolgte der Aufschluss des neuen Tagebaus Wildgrube I, etwa einen Kilometer vom Tagebau Wilhelm entfernt. Die Kohlenförderung in diesem Tagebau geschah auf außergewöhnliche Weise: Kohle, an die der Lübecker Bagger nicht herankam, holte man mithilfe eines sogenannten „Schrappers“ aus der Grube. Dabei wurde ein großer Schürfkübel an Drahtseilen über den vorbereiteten Kohlenhaufen gezogen und die so aufgenommene Kohle quer über den Tagebaugrund zu einem Abwurftrichter und von dort auf ein Förderband transportiert.

Ende 1930 war der Tagebau Wildgrube I ausgekohlt und im folgenden Jahr wurde der Tagebau Wildgrube II aufgeschlossen und 1931 hier die erste Kohle gewonnen. Im Oktober 1952 war das Kohlenfeld schließlich ebenfalls ausgekohlt.

Eine Explosion 1930 und Absatzmangel verursachten Anfang der 1930er Jahre wiederholte Stilllegungen des Fabrikbetriebes. 1935 ging im Tagebau Wildgrube II eine moderne Abraumförderbrücke in Betrieb. Die hier eingesetzte Brücke Wilhelm war durch die Konstruktion eines „langen Armes“, ein 100 Meter langer heb- und senkbarer Ausleger, hervorragend an die stark wechselnden Abbaubedingungen des Tagebaus angepasst (Abb. 5). 1936 ist schließlich auch die Gewinnung von Braunkohle im Tiefbau endgültig eingestellt worden. Seitdem wurde die Brikettfabrik Wilhelm ausschließlich aus dem Tagebau Wildgrube mit Kohle beliefert.

Nach der Weltwirtschaftskrise konnte die Kohlenförderung jährlich gesteigert werden, während des Krieges auch durch Beschäftigung von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen. 1943 betrug die Jahresförderung 461.000 t Kohle und die Brikett-Jahresproduktion 168.400 t. Die Belegschaft umfasste im Jahresdurchschnitt 1943 insgesamt 250 Arbeiter (davon 40 Ausländer und Kriegsgefangene) und 39 Angestellte. Produktionseinschränkungen waren mit den Folgen des Luftkrieges verbunden. Bei einem Angriff am 16. April 1945 wurde die Brikettfabrik stark beschädigt.
Nach 1945 standen die Veränderungen in den Besitzverhältnissen, fehlendes Material für die notwendige Unterhaltung der überholungs- und reparaturbedürftigen Anlagen und ein Mangel an Arbeitskräften einer schnellen Produktionssteigerung auf Vorkriegsniveau entgegen. Das Vermögen der „Beutersitzer Kohlenwerke AG“, d.h. die Grube Wildgrube, wurde entsprechend dem SMAD-Befehl 124 beschlagnahmt und anschließend in Volkseigentum überführt. Da der Sitz der Grube sich in der Provinz Sachsen befand, unterstanden die „Beutersitzer Kohlenwerke“ dem Direktorat der Kohlenindustrie des Landes Sachsen-Anhalt (Revierverwaltung Liebenwerda), wegen der Tagebauflächen im Land Brandenburg zum Teil auch dem „Brandenburgischen Bergbau“. Ab 1. Juli 1948 war der Betrieb „Beutersitzer Kohlenwerke“ der VVB (Z) Braunkohlenverwaltung Mückenberg/Lauchhammer unterstellt. Die Kohlenförderung im Tagebau des noch im selben Jahr (22. 11. 1948) in „Werk Wildgrube" umbenannten Betriebes endete wegen Auskohlung 1952. Die Brikettfabrik des Werkes Wildgrube ist fortan mit Kohle aus Tagebauen benachbarter Werke weiterbetrieben worden.

VVB – Vereinigung Volkseigener Betriebe

(Textvorlage: Brandenburgisches Landeshauptarchiv 75 Beutersitzer Kohlenwerke GmbH, Bestandsübersicht / Firmengeschichte [Siehe: Hier], ergänzt und bearbeitet von Vinzenz Czech)

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv  Rep. 75 Beutersitzer Kohlenwerke GmbH, Bestandsübersicht / Firmengeschichte [Siehe: Hier]

Literatur

Knauth, Friedrich: Brikettfabriken in der Lausitz. Ein Streifzug durch mehr als 100 Jahre Braunkohlenbrikettierung in der Lausitz. Großenhain 1999.

Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hrsg.): Tröbitz/Domsdorf (= Lausitzer Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven; 06). 2015.

Mader, Gerald: Die Braunkohlentagebaue des ehemaligen Förderraumes Tröbitz-Domsdorf (= Beiträge zur Geschichte des Bergbaus in der Niederlausitz, 9). Cottbus 2006.

Abbildungsnachweis

Abb. 1, 3, 4 Sammlung Dr. Günter Grundmann (Detmold).

Abb. 2 Riesaer Tageblatt.

Abb. 5 Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hrsg.): Tröbitz/Domsdorf (= Lausitzer Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven; 06). 2015.

Empfohlene Zitierweise

Beutersitzer Kohlenwerke GmbH, Berlin, publiziert am 20.10.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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