Braunkohlen- und Brikett-Industrie-Aktiengesellschaft Berlin (Bubiag)

Vinzenz Czech

1894/95 erwarb der oberschlesische Industrielle Fritz Friedlaender die Braunkohlengruben Bismarck I und II mit ihren Anlagen bei Poley in der Niederlausitz (Abb. 1, 2). Friedländer gilt als Begründer der oberschlesischen Koksindustrie in Hindenburg (Zabrze). Hier entstanden 1884 die ersten modernen Kokereien, die neben Koks auch Ammoniak und Benzol produzierten. Zusätzlich betrieb er mehrere Kohlengruben im Rybniker Steinkohlenrevier sowie Anlagen der chemischen Industrie in Oberschlesien. Mit Partnern gründete er später die „Oberschlesischen Kokswerke und Chemische Fabriken AG“, die er an die Börse brachte. 1891 erfolgte der Bau der ersten oberschlesischen Benzolfabrik auf Julienhütte. Der eigene Kohlengrubenbesitz im südlichen Teil des Reviers wurde 1903 zur „Rybniker-Steinkohlen-Gewerkschaft“ zusammengeschlossen. Vor dem Ersten Weltkrieg galt Friedländer als einer der reichsten Menschen in Deutschland. Ab 1894 verlegte er seine wirtschaftlichen Aktivitäten schließlich auch in die Niederlausitz.

In Poley reorganisierte er das Unternehmen und führte es unter dem Namen „Poleyer Werke Fritz Friedlaender Braunkohlenfabrik, Dampfziegelei, Verblendstein-Terrakottenfabrik, Mahl-, Öl- und Schneidemühle“. Bei Bockwitz und Mückenberg im Kreis Liebenwerda kaufte er weitere 800 Morgen Land Braunkohlenfelder. 1897 eröffnete er hier den Tagebau Milly, wohl benannt nach seiner Frau Milly Fuld, und ließ eine leistungsfähige Brikettfabrik errichten (Abb. 3-5).

Am 29. Juni 1900 gründete Friedlaender mit weiteren Gesellschaftern die „Braunkohlen- und Brikett-Industrie-Aktiengesellschaft Berlin“ (Bubiag) mit einem Grundkapital von 5 Millionen Reichsmark (Abb. 6). Er verkaufte sämtliche Betriebe, Gruben und Felder an die Aktiengesellschaft und wurde deren Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender. Die Hauptverwaltung hatte ihren Sitz in Berlin. Sie erfüllte vor allem Aufgaben der zentralen Geschäftsführung, insbesondere der Beschaffung und des wirksamen Einsatzes von Kapital.

Als erster Neuaufschluss im Lausitzer Revier wurde 1901 die Grube Emanuel samt angeschlossener Brikettfabrik bei Mückenberg eröffnet (Abb. 7). 1912 folgte die Grube Marie-Anne bei Kleinleipisch mit der 1914 errichteten Brikettfabrik (Abb. 8). 1912 wurde zudem die Grube Gotthold bei Sallgast erworben (Abb. 9).

Die Aktiengesellschaft schloss sich 1918 dem Niederlausitzer Brikettsyndikat und im darauffolgenden Jahr dem Ostelbischen Braunkohlensyndikat an. Im selben Jahr kam es auch zur Bildung der „Werksdirektion Mückenberg“ für die Leitung der Betriebe in der Lausitz.

Auch nach dem Ersten Weltkrieg expandierte die Gesellschaft weiter. 1921 wurden die Grube Augusta bei Lichterfeld und im Jahr darauf die benachbarte Grube Elfriede bei Gohra (Abb. 10) samt Dampfziegelei in Schacksdorf erworben. Mit der Erweiterung der Grube Emanuel 1919 und Umbenennung in Grube Friedlaender sowie der Eröffnung der Brikettfabriken Emanuel II (1927) sowie Marie-Anne V (1940) gehörte die „Bubiag“ zu den Großunternehmen jener Zeit im Lausitzer Revier (Abb. 11).

Innerhalb der „Bubiag“ kam es nach dem Tod Friedlaenders 1917 zu Verschiebungen im Aktienbesitz. Eine Gruppe schlesischer Großindustrieller um Graf Schaffgotsch übernahm systematisch alle Anteile der Friedlaender-Gruppe und beherrschte damit die „Bubiag“. Ende der 1930er Jahre besaß die „Bubiag“ eine vorrangige Stellung nicht nur im Niederlausitzer Braunkohlenrevier, sondern hatte ihren Einfluss auch auf westliche Gebiete Deutschlands ausgedehnt. Im Zweiten Weltkrieg zog die Hauptverwaltung nach Bombenschäden 1943 von Berlin in das Schloss Mückenberg bei Lauchammer um.

Nach Kriegsende unterlagen die in der Sowjetischen Besatzungszone gelegenen Werke des Unternehmens den Enteignungsmaßnahmen, die mit dem SMAD-Befehl Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 eingeleitet wurden. Die BUBIAG-Werke Dolstheide und Mückenberg kamen als Reparationsleistung an die Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) für Brennstoffindustrie. Aus dem Tagebau Friedlaender, den Brikettfabriken Emanuel I/II und dem Industriekraftwerk Emanuel entstand das Kombinat Friedlaender der SAG für Brennstoffindustrie. Der Friedlaender-Schacht Mückenberg der BUBIAG wurde als Reparationsleistung in sowjetisches Eigentum überführt und ebenfalls an die SAG übergeben.

Nach dem Verlust ihrer Güter und Betriebe in Ostdeutschland und Schlesien verlagerte die Familie Schaffgotsch 1948 den Sitz der verbleibenden Unternehmensgruppe (einschließlich der „Bubiag“) nach München.

Literatur

50 Jahre mitteldeutscher Braunkohlenbergbau. Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Deutschen Braunkohlen-Industrievereins e.V. Halle (Saale) 1885 -1935. Halle (Saale) 1935.

Bergarbeiterland in Volkeshand. Geschichte des VEB Braunkohlenkombinat Lauchhammer. Bd. I 1969, Bd. II 1970.

Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften. Bd. I. Berlin 1944, S. 97.

Kupsch, Walter: Aus den Anfängen der Bubiag - das Braunkohlenwerk "Milly" von 1887 bis 1907. Bad Liebenwerda 1937.

Knauth, Friedrich: Brikettfabriken in der Lausitz. Ein Streifzug durch mehr als 100 Jahre Braunkohlenbrikettierung in der Lausitz. Großenhain 1999.

Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hrsg.): Kleinleipisch/Klettwitz/Klettwitz-Nord (= Lausitzer Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven; 04). 2015.

Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hrsg.): Annahütte/Poley (= Lausitzer Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven; 22). 2013.

Perlick, Alfons, Friedlaender-Fuld, Fritz von. In: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 456-457 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd141706597.html#ndbcontent

Abbildungsnachweis

Abb. 1, 5, 7-10 Sammlung Dr. Günter Grundmann.

Abb. 2 Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hrsg.): Annahütte/Poley (= Lausitzer Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven; 22). 2013.

Abb. 3, 4 Kupsch, Walter: Aus den Anfängen der Bubiag - das Braunkohlenwerk "Milly" von 1887 bis 1907. Bad Liebenwerda 1937.

Abb. 6 Gemeinfrei.

Abb. 11 Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hrsg.): Kleinleipisch/Klettwitz/Klettwitz-Nord (= Lausitzer Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven; 04). 2015.

Empfohlene Zitierweise

Czech, Vinzenz: Braunkohlen- und Brikett-Industrie-Aktiengesellschaft Berlin (Bubiag), publiziert am 20.10.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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