Minimax Apparatebau GmbH (AG), Neuruppin

Vinzenz Czech

Der 1872 in Stolberg (Rheinland) geborene Wilhelm Graaff gründete im Jahr 1901 mit seinem Bruder Clemens in Berlin eine Firma zur Herstellung von Feuerlöschern. Antrieb dafür war wohl die Vorführung eines französischen Models der Firma CARRÈ im Jahr davor in Berlin auf dem Tempelhofer Feld (Schreiber 1997, 64). Gemeinsam mit dem Münchener Ingenieur Hans Mikorey konstruierten sie den ersten brauchbaren Handfeuerlöscher und brachten diesen im Jahr darauf auf den Markt. Bei der Suche nach einem Namen setze der Firmengründer auf ein Preisausschreiben unter den Mitarbeitern. Im Ergebnis erhielten Feuerlöscher und die 1903 gegründete GmbH den Namen „Minimax“: ein Minimum an Gewicht, Preis und Aufwand – ein Maximum an Einfachheit und Leistungsfähigkeit. 1904 ließ sich Graaff seine „Minimax-Spitztüte“ patentieren (Abb. 1).

Die Produktion begann 1904 in Berlin-Schönberg, im Jahr darauf verlegte man die Fertigung der Feuerlöscher nach Neuruppin in die Gebäude einer ehemaligen Tuchfabrik am Ruppiner See (Abb. 2, 3). Verwaltung und Vertrieb der Firma verblieben dagegen in Berlin. Bald darauf betrug die Jahresproduktion 65.000 Feuerlöscher und Graaff wurde zum Pionier des vorbeugenden Brandschutzes in Deutschland. Der Absatz florierte, da Graaff eine Reihe von verkaufsfördernden Maßnahmen einforderte, u.a. den Aufbau einer MINIMAX-Organisation in 37 Ländern, monatliche Hausmitteilungen in fünf Sprachen, Direktoren- und Vertreterschulungen, Einreichung von Verkaufsberichten, Ausgabe von Prämien, Kontrolle der benutzten Löscher und Gratislieferung der Nachfüllung, Schulungen und Löschvorführungen (Abb. 4, 5), Teilnahme an Messen und nicht zuletzt ein großangelegter Werbefeldzug (Abb. 6-8) (Schreiber 1997, 64). Werbetechnische Unterstützung erhielt der „Feuerlöscher Minimax“ etwa mit Stummfilmdokumentationen durch das von Graaff im Jahr 1923 gegründete Produktionsunternehmen Rimax-Film AG in Berlin. Bereits 1906 war „Minimax“ Weltmarktführer – mit zahlreichen Tochterunternehmen in Europa und in den USA.

1923 wurde das Neuruppiner Werk an die in Berlin gegründete MINIMAX AG verkauft.

Ende der 1920er Jahre betrug die jährliche Produktion ca. 80.000 Feuerlöscher. Jeder Löscher wurde von 500-600 Arbeitern in aufwendiger manueller Eigenfertigung hergestellt (Abb. 9-11). Auch das Produktionssortiment wurde allmählich erweitert, zudem mussten neue und effektive Löschmittel eingesetzt werden (Schreiber 1997, 65). Die Produktpalette umfasste schließlich Wasser- und Schaumlöscher mit 6-12 Liter, Tetralöscher, Kohlendioxid- und Pulverlöscher (Schreiber 1997, 66). Die ersten Minimax-Schaumgeneratoren brachte das Unternehmen 1926 auf den Markt. Bis 1945 waren 70 verschiedene Löschertypen im Programm, von der Spitztüte bis zum stehenden und hängenden Klein- und Großbehälter mit maximal 20 kg Inhalt (Krüger 2006, 11) (Abb. 12).

Als Spe­zia­list für sta­tio­nä­ren Brand­schutz wurde 1929 in Hamburg die „Selbst­tä­ti­ge Feu­er­lösch­an­la­gen Ge­sell­schaft“ (SFH) ge­grün­det. Die SFH machte sich in den Fol­ge­jah­ren einen Namen als Errich­ter von Sprink­ler­an­la­gen und CO2-Lösch­an­la­gen.

Während der NS-Herrschaft entwickelte das Werk gemeinsam mit den Junkers-Werken und der Hoechst AG ein Löschmittel für die Luftwaffe und die Marine. Später wurden Flammenwerfer, Nebelgeräte, Luftschutzgeräte und vieles mehr im Rahmen der Kriegsproduktion hergestellt. Auch im Neuruppiner Werk ersetzten französische und russische Zwangsarbeiter die zur Wehrmacht eingezogenen Beschäftigten (Schreiber 1997, 67).

Aufgrund geringer Kriegsschäden nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Produktion bereits im Mai 1945 wiederaufgenommen und auch eine nachfolgende Demontage abgewendet werden. Neben Feuerlöschern und Autoersatzteilen für die Rote Armee bzw. als Reparationsleistung wurden vor allem Haushaltsgegenstände für die Zivilbevölkerung hergestellt. Die Firma wurde im September 1946 enteignet und in Westdeutschland neu aufgebaut. Nachfolger in Neuruppin sollte der „VEB Feuerlöschgerätewerk“ werden.

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 509 VEB Feuerlöschgeräte Neuruppin. [Siehe: Hier]

Literatur

Graaff, Wilhelm. In: Vierhaus, Rudolf (Hg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). 2. überarbeitete und erweiterte Ausgabe. Band 4. München 2006, S. 76.

Krüger, Ursula: MINIMAX. Feuerlöschgerätewerk Neuruppin 1905-2005. In: Mitteilungsblatt des Historischen Vereins der Grafschaft Ruppin e.V. 16 (2006), S. 10-15.

Schreiber Hans-Martin: „Feuer breitet sich nicht aus…“. In: Ostprignitz-Ruppin Jahrbuch 6 (1997), S. 64-69.

Verch, Katrin: VEB Kombinat Feuerlöschgeräte Neuruppin. In: Posselt, Rosemarie u.a. (Hrsg.): Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam 1952-1990 (= Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; Teil III/2). Berlin 2005, S. 408-409.

Abbildungsnachweis

Abb. 1 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Blandblusser_minimax_Ukkel.jpg

Abb. 2, 3, 6-12 Gemeinfrei

Abb. 4 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Demostracion_extintor_1911.jpg?uselang=de:

Abb. 5 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ministerio_de_Marina_y_extintores_1911.jpg?uselang=de

Empfohlene Zitierweise

Czech, Vinzenz: Minimax Apparatebau GmbH (AG), Neuruppin, publiziert am 12.04.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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