Glaswerk Heye, Annahütte

 

Das Glaswerk wurde 1863 unter dem Namen „Emilienhütte“ gegründet. Die Entstehung und der Betrieb der Glashütte waren eng verbunden mit der Entwicklung des sich in unmittelbarer Nähe befindlichen Braunkohlentagebaues, der Grube „Emilie“, nach der die Hütte auch benannt worden ist. Die „Emilienhütte“ war die Hauptabnehmerin der im Tagebau gewonnen Braunkohle. Besitzer waren der Mühlenbesitzer Krottnaurer und der Kaufmann Zapp.

Im Jahr 1865 wurde die „Emilienhütte“ durch den Bau eines neuen Glasofens erweitert. 1874 kam es zum Verlauf an den Major a. D. Georg von Görne, der die Glashütte nach dem Namen seiner Frau in „Annahütte“ umbenannte. Wiederum 10 Jahre später wechselten der Besitz der Glashütte sowie der Kohlegruben „von Goerne I und II“ (später „Grube Heye I und II“) in die Hände des Geheimen Kommerzienrates Friedrich Carl Theodor Heye (1832-1916) (Abb. 1).

Die bis dahin bescheidene Produktion an nur einem Glasofen änderte sich mit dem Betriebswechsel schlagartig. Ab 1884 wurden im nördlichen Bereich des Betriebsgeländes eine neue Glashütte mit vier Hafenöfen errichtet und der Hütte ein ausgedehnter Schleifereibetrieb angegliedert. In den Jahren 1886/87 bekam der Ort auf Betreiben Heyes zudem einen Anschluss an die Zschipkau-Finsterwalder Eisenbahn. 1903 beschäftigte das Glaswerk bereits 800 Arbeiter. Das Braunkohlenwerk (BKW) und die Glasfabrik blieben bis zum Jahr 1916 in Familienbesitz von Friedrich Carl Theodor Heye (Rechtsform OHG) (Abb. 2, 3).

Nach dem Tod Heyes erfolgte in diesem Jahr die Trennung des BKW von der Glashütte. Das BKW wurde in eine GmbH („Fa. F. C. Th. Heye Braunkohlenwerke GmbH“) umgewandelt. Der bisherige Mitgesellschafter Friedrich Carl Hermann Heye in Hamburg setzte als alleiniger Inhaber der Glashütte das Geschäft unter veränderter Firmenbezeichnung fort. Erst 1937 erfolgte die Umschreibung im Handelsregister: „H. Heye, Glasfabrik, Hauptniederlassung in Schauenstein, Zweigniederlassung in Annahütte“. 1939 ging die Firma nach dem Tod des Inhabers auf dessen Witwe Elisabeth Heye geb. Thomson über.

Die Produktion wurde bis 1928 ständig erweitert, so dass sich das Glaswerk Heye mit der Produktion von Wirtschafts- und Behälterglas wie Likörgläsern, Karaffen, Groggläsern, Bierbechern, Sektkelchen zu einem der führenden Glasbetriebe Deutschlands entwickelte (Abb. 4, 5). Als weiteres Standbein kann die Herstellung von Bleikristall seit 1922 nachgewiesen werden. Der Export erfolgte in dieser Zeit hauptsächlich nach China, Amerika, Großbritannien und seine Kolonien.

Bis zu Beginn der 1940er Jahre blieb die Produktion auf vier Hafenöfen beschränkt. Sie bestand aus einem umfangreichen Sortiment an Wirtschaftsglas-, Bleiglas- und Behälterglasartikeln. 1942/43 kam es zur ersten Teil-Umstellung von der manuellen Produktion zur maschinellen Fertigung. Anstelle von zwei Hafenöfen wurden zwei kontinuierliche Durchlaufwannen gebaut, an denen abwechselnd mit halb- und vollautomatischen Maschinen gearbeitet werden konnte. Hergestellt wurden kriegswirtschaftlich wichtige Dinge, wie Konservengläser sowie Behälterglas, Bleikristall, Schleifglas, Pressglas, sanitäres Hohlglas und Montageglas.

Nach Kriegsende kam es zu einer zweimonatigen Produktionsunterbrechung. Es wurde kurzzeitig die Produktion von Fensterglas aufgenommen, um die entstandenen Kriegsschäden beseitigen zu können. Infolge des akuten Mangels an Arbeitskräften (205 Beschäftigte), besonders an Facharbeitern, konnte die Kapazität des Betriebes jedoch in jenem Jahr (1945) nur zu 25-30 % ausgelastet werden. Von den in der Hütte befindlichen zwei Hafenöfen und zwei Wannenöfen war nur je einer in Betrieb.

Durch die SMAD wurde das gesamte Vermögen der „Fa. H. Heye, Glasfabrik Annahütte“ gemäß Befehl 124 beschlagnahmt und später auf der Grundlage des Befehls 64 enteignet (Enteignungsurkunde vom 19.7.1948).

(Textvorlage: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 910 VEB Glaswerk Annahütte, Bestandsübersicht / Firmengeschichte, ergänzt und bearbeitet von Vinzenz Czech)

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 910 VEB Glaswerk Annahütte [Siehe: Hier].

Literatur

Geiselberger, Siegmar: Zeittafel zu den Heye’schen Glasfabriken 1799-1999. In: Pressglas-Korrespondenz 01/2001, S. 61-71.

Heye Glas GmbH (Hrsg): 200 Jahre Heye-Glas - 1799-1999. Obernkirchen 1999.

Musterbücher Pressglas der H. Heye Glasfabrik Annahütte N.L. um 1925 – 1930, der Vereinigung Volkseigener Betriebe (Z) VEB OSTGLAS, VEB Glasfabrik Annahütte N.L., um 1950 – 1979. In: Pressglas-Korrespondenz 02/2004 Anhang 04.

Nock, Maximilian, Claudius: Zwischen wilhelminischer Bedarfsarchitektur und moderater Moderne. Die Werkskolonien im Niederlausitzer Braunkohlerevier. Petersberg 2016.

Abbildungsnachweis

Abb. 1 Heye Glas 1999.

Abn. 2 Sammlung Dr. Günter Grundmann (Detmold).

Abb. 3 Noack 2016.

Abb. 4, 5 Sammlung Stadtmuseum Cottbus.

Empfohlene Zitierweise

Glaswerk Heye, Annahütte publiziert am 18.10.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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