Papierfabrik Spechthausen

Hendrik Maßmann

Entstehung

Qualitativ hochwertiges Druck-, Schreib- und Zeichenpapier musste noch Mitte des 18. Jahrhunderts großteils aus Holland und Frankreich importiert werden. Dies widersprach nicht nur dem königlichen Anliegen der Förderung heimischer Manufakturen, sondern war zudem auch höchst kostspielig (Friese 2000, S. 173). Noch zu Zeiten König Friedrichs II. konnten trotz einer ausgesetzten Prämie, die im Jahr 1770 als Belohnung für die Lieferung besonders hochwertigen Papiers ausgesetzt worden war, die eingesandten Resultate der märkischen Papiermühlen nicht mit den importierten mithalten. Der Wunsch nach einer Papiermanufaktur innerhalb Preußens, die mit den Produkten der holländischen Papiermanufakturen konkurrieren konnten, blieb jedoch bestehen.

Im Jahr 1779 schrieb der Geheime Finanzrat Tarrach dem König von einem Ort bei Neustadt- Eberswalde, an der beste Gelegenheiten bestehen würden, eine holländische Papiermühle zu errichten (Friese 2000, S. 174). An besagter Stelle in Spechthausen hatte 1709 Johann George Specht (der Namensgeber des Ortes wurde) am Zusammenfluss von Schwärze und Nonnenfließ südlich von Neustadt-Eberwalde eine Schneidemühle errichtet, die später durch eine Mahlmühle (1710) und einen Eisen- und Kugelhammer (1712) ergänzt worden waren. Seit 1734 wurde Spechthausen vom Amt Biesenthal verwaltet (Friese 2000, S. 173).

Der Gedanke, in Spechthausen eine Papiermühle zu errichten, war 1779 nicht neu. Schon im Jahr 1738 hatte man die günstige Lage entdeckt, doch war die Wasserqualität zur Papierherstellung als zu niedrig eingestuft worden (Friese 2000, S. 173). Nach dem Tod Spechts 1718 war die Mühle in den Besitz seiner Witwe übergegangen und hatte nach 1733 mehrmals den Besitzer gewechselt.

Die finale Entscheidung, eine holländische Papiermühle in Spechthausen zu errichten, lässt sich auf den 21. September 1780 datieren. Der Franzose Jean Dubois war nach einer schwierigen Suche als Unternehmer und Betreiber ausgewählt worden (Friese 2000, S. 175). Im Frühjahr 1781 wurden vom König insgesamt 41.350 Reichsthaler zum Rückkauf des Erbpachtgutes Spechthausen und zur Errichtung der Papiermanufaktur nach holländischer Art bereitgestellt (Friese 2000, S. 177) und im Frühjahr des Jahres 1783 das Wohnhaus, das Fabrikgebäude, ein Presshaus, ein gehendes Werk, eine Scheune, ein Kuh- und Pferdestall sowie vier Familienhäuser und ein Büdnerhaus fertiggestellt. Eine nicht ausreichende Prüfung des Baugrunds und der Wasseranlagen verzögerten die Bauarbeiten, da die Aushebung und Anpassung des Mühlteiches sowie der Schwärze und des Nonnenfließes nicht veranschlagt worden waren (Friese S. 179).

Beginn der Papierherstellung in Spechthausen

Am 9. Juni 1783 konnte trotz widriger Umstände das erste Papier in Spechthausen geschöpft werden. Die von Dubois beschäftigten Papiermachergesellen aus Frankreich waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Spechthausen angekommen. Daher musste Dubois sich Papiermachergesellen der umliegenden Papiermühlen ausleihen. Die zur Schöpfung des Papiers benötigten Siebe mussten zudem neu hergestellt werden, da ihre Ausfuhr aus Frankreich verboten war (Friese 2000, S. 180).

Die Beziehung zwischen Dubois und dem König sowie dessen Vertretern war von Beginn an vor allem auf Grund finanzieller Belange belastet. Gegen Ende des Jahres 1783 drohte er die Produktion einzustellen und die Arbeiter zu entlassen. Der König entgegnete daraufhin, die Papiermühle dann zwangsverwalten zu lassen. Dubois versäumte es, innerhalb von drei Tagen zu dieser Botschaft Stellung zu nehmen und tauchte für mehr als vier Wochen ab. Er erschien erst im Januar 1784, am Tag, an dem die Papiermühle durch das Kurmärkische Department Ministerium unter Zwangsverwaltung gestellt wurde, und kam in Folge dessen in Haft (Friese 2000, S. 180). Trotz einer Bitte zur Widereinsetzung Dubois´ durch die Arbeiter der Papiermühle im Ende Januar 1784 blieb dieser während der Dauer des Prozesses von Januar 1784 bis Juli 1793 in Haft.

Zwischen Dubois` Verschwinden und der Übernahme der Papiermühle durch den Papierhändler Peter Andres Eysenhardt aus Berlin wurde die Papiermühle von Tobias Hanto beaufsichtigt, der zu dieser Zeit Pächter der Papiermühle Wolfswinkel war (Friese 2000, S. 181).

Papierfabrik unter Eysenhardt

Peter Andreas Eysenhardt, der die Papiermanufaktur 1784 übernahm und bis 1787 führte, war unter mehreren Interessenten zum Nachfolger Dubois` ausgesucht worden, da er nicht nur bereit war, Dubois` Vertrag zu übernehmen, sondern sich zudem auch verpflichtete, innerhalb von vier Monaten einen holländischen Papiermeister zu finden sowie zu engagieren und diesen zum Miteigentümer zu machen (Friese 2000, S. 185).

Eysenhardt bat den König im Juli 1784, die Arbeiter der Manufaktur entlassen zu dürfen, da er unter den gegebenen Löhnen der Arbeiter nicht wirtschaften könne und dies unweigerlich zu einer Verteuerung des Papiers führen würde (Friese 2000, S. 185).

Er versprach dem König, einen Umbau und Anpassungen an der Papiermühle vorzunehmen, da sich die Ausstattung der Manufaktur wesentlich von der ursprünglichen Beschreibung unterschied und etliche Maschinen fehlerhaft oder sogar unbrauchbar waren. Laut Eysenhardt hätte Dubois weder die von ihm angegebene Quantität noch die Qualität erreichen können. Am 6. Dezember 1784 konnte von der ersten vorliegenden Probe von Papier aus Spechthausen berichtet werden (Friese 2000, S. 186 f.).

Eysenhardt verstarb zum Ende des Jahres 1786. Seine Witwe bat den König, die Mühle ohne die Zustimmung des zuständigen Amts verkaufen zu dürfen, da ihr Sohn noch minderjährig war. Ein potenzieller Käufer war bereits gefunden. Am März 1787 wurde schließlich der Kaufvertrag zwischen der Witwe Eysenhardt, ihrem Sohn und Johann Gottlieb Ebart unterschrieben (Friese 2000, S. 187).

Fabrik der Familie Ebart

Mit der Übernahme der Fabrik durch Johann Gottlieb Ebart, dem Sohn eines Berliner Papierhändlers und Stiefbruder von Josua Founier, der von 1790 -1803 Pächter der Papiermanufaktur Wolfswinkel war (Friese 2000, S. 115), begann eine über fünf Generationen anhaltende Bewirtschaftung der Papierfabrik durch die Familie, zeitweise unter Beteiligung der Familie Strehmann, Mitteilhaber der Berliner Papierhandlung und später auch der angeheiraten Familie Hankwitz. Nach dem Tod von Ebarts Sohn Johann Wilhelm Ebart wurden die Geschäfte von dessen Söhnen weiterhin unter dem Namen des Vaters als „Firma J.W. Ebart“ betrieben, bis sie 1842 in Firma „Gebr. Ebart“ umbenannt wurde. Im Juli 1923 kam es zur Neugründung der Firma als „Gebr. Ebart G.m.b.H.“, die im selben Jahr in eine Aktiengesellschaft unter der Leitung Rudolf Ebarts und Richard Hankwitz‘ umgewandelt wurde (Friese 2000, S. 238).

Entwicklungen unter der Familie Ebart

Unter Ebart erreichte die Fabrik eine beachtliche Größe. Er konnte die Produktion sowohl in Hinsicht auf die Menge als auch die Varianz des Angebots immens steigern. Ebart begann zudem mit dem Ausbau von Spechthausen. Das Fabrikgebäude war aufgestockt worden und mittels drei Wasserrädern von über fünf Metern Höhe wurden 120 Hämmer und drei Holländermühlen betrieben, die das Material zum Papierschöpfen aus acht Bütten lieferten (Friese 2000, S. 199).

Zur Zeit der napoleonischen und der Befreiungskriege war die Papierfabrik wenig lukrativ, da zunächst die Kontributionszahlungen und angeordneten Einquartierungen und im Anschluss Spenden für die Befreiung entrichtet wurden. Zudem hatten sich die Papiermachergesellen größtenteils den Truppen angeschlossen (Friese 2000, S. 208).

In den Jahren nach 1816 konnte die Anzahl der Bütten von acht auf zehn erhöht werden, da Ebart 1816 ein sechs Hektar großes Grundstück am Nonnenfließ, etwa einen Kilometer von Spechthausen entfernt, erworben hatte. Auf diesem Grundstück wurde ein Beiwerk errichtet, welches wichtige Arbeitsschritte auslagerte und so die Produktion der Fabrik gesteigert werden konnte (Friese 2000, S. 209).

Eine größere Modernisierung erfuhr Spechthausen ab 1833 unter den Geschwistern W. G. und K. E. Ebart. Um die Qualität des Papiers zu steigern wurde eine Klärgrube ausgehoben und eine Chlorgasbleiche errichtet, die auch bei Verwendung minderwertiger Lumpen für die gewünschte Weiße des Papiers sorgte. Zu weiteren Modernisierungen zählten die Ersetzung alte Holzfeueröfen, die zur Temperierung des Papierbreis in den Bütten benötigt wurden, durch einen Dampfkessel (1837), die Errichtung eines Satinierwerkes, welches zum Glätten der Papiere verwendet wurde (1837) und die Bestellung und Inbetriebnahme einer englischen Papiermaschine (1841), die einen Großteil der Schöpfbütten ersetzte (Friese 2000 S. 217).

Die Wasserräder konnten die von der Fabrik benötigte Energie nicht mehr liefern und so wurde zusätzlich ein Dampfkessel der Firma Borsig aufgestellt (Friese 2000, S. 227).

Während einer zweiten Welle der Modernisierung löste ein leistungsstärkeres englisches Fabrikat 1854 den Borsig-Dampfkessel ab und drei Jahre später sorgte eine Gasanstalt für die die Beleuchtung der Fabrik. Zuletzt ersetzte eine Turbine die Wasserräder (Friese 2000, S. 229).

Zwischen 1871 und 1877 wurde das alte Fabrikgebäude beinahe gänzlich neu errichtet. Drei massive Stockwerke ersetzten nunmehr die zuvor auf einem steinernen Erdgeschoss stehenden Geschosse aus Fachwerk. An der Seite des Gebäudes entstand für die Papiermaschine ein eigenes Haus, welches auch eine eigene Dampfmaschine beherbergte (Friese 2000, S. 230).

Knapp 15 Jahre lang kam es zu keinen baulichen Veränderungen bis auf Grund eines Erlasses des Kasseler Verbandes der Feuerversicherungsgesellschaft 1903 ein eigenes Gebäude für die Sortierung und Lagerung der Lumpen errichtet werden musste, da diese außerhalb der Fabrikgebäude aufbewahrt werden sollten. Sieben Jahre später kam es zum Austausch der bisherigen Papiermaschine durch ein neues und größeres Fabrikat. Auf Grund ihrer Größe war dafür der Bau eines weiteren neuen Gebäude notwendig (Friese 2000, S. 230). (Abb. 1-4)

Produkte der Papierfabrik unter der Familie Ebart

J. W. Ebart war ein recht aufgeschlossener Unternehmer und versuchte sich seit 1792 an englischem Velinpapier, welches im Gegensatz zum herkömmlichen Büttenpapier glatt und nicht durch die Drähte im Schöpfrahmen geriffelt war. Dies gelang ihm im Jahre 1795, als Erstem im Königreich Preußen. Im Anschluss versuchte er sich an der Herstellung von fälschungssicherem Papier. Entgegen der Versuche anderer Papiermacher, auch etwa aus Frankreich, versuchte Ebart fortan ein Wasserzeichen in das Velinpapier zu integrieren und erhielt durch diese Praktik den Auftrag für die Herstellung des Papiers für preußisches Papiergeld, genannt „preußische Tresorscheine“ (Friese 2000, S. 197). 1799 wurde die Arbeit an besagtem Papiergeld jedoch seitens der Regierung eingestellt. Ebart fokussierte sich ab dem Jahr 1800 vor allem auf die Herstellung von Papieren zur Herstellung von Kupferstichen, die rasant an Popularität gewannen (Friese 2000, S. 198).

Die Herstellung von Papieren zum Druck von Papiergeld blieb jedoch über Generationen ein wichtiger Absatzzweig für die Papierfabrik in Spechthausen. 1805 erhielt J. W. Ebart wie schon sein Vater vor ihm den Auftrag der Regierung, fälschungssicheres Papier zum Druck von Papiergeld herzustellen. Das ab 1806 erstmals ausgegebene Papiergeld ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem in Spechthausen geschöpftem Velinpapier samt Wasserzeichen gedruckt worden (Friese 2000, S. 208). Die Firma J. W. Ebart und später Gebrüder Ebart blieb bis zur Enteignung Papierlieferant für die Papiergeldherstellung. Neben diesen Lieferungen wurden in Spechthausen auch Papiere mit geschützten Wasserzeichen, die für zahlreiche private Großabnehmer bestimmt waren, hergestellt. Vor und während des Zweiten Weltkriegs wurde zudem Papier für die serienmäßige Fälschung britischer Pfundnoten hergestellt, die der britischen Wirtschaft massive Schäden zufügen sollten (Friese 2000, S. 241). (Abb. 5)

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zur Einstellung der Produktion. 1946 begann die Demontage und die Fabrik wurde im September 1947 schlussendlich enteignet (Friese 2000, S. 246).

Literatur

Friese, Karin: Papierfabriken im Finowtal. Die Geschichte der Papiermühlen und Papierfabriken vom 16. bis zum 20. Jahrhundert mit einem Katalog ihrer Wasserzeichen. Eberswalde 2000.

Hundert Jahre Papierfabrik Spechthausen. Festschrift zum 10. September 1887. Berlin 1987.

Abbildungsnachweis

Abb. 1-5 Kreisarchiv Barnim

Empfohlene Zitierweise

Maßmann, Hendrik: Papierfabrik Spechthausen, publiziert am 16.11.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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