Arado-Flugzeugwerke GmbH, Brandenburg (Havel)

 

Die „Arado-Flugzeugwerke GmbH“ wurde im Jahr 1925 als Tochterunternehmen des Stinnes-Imperiums in Warnemünde gegründet. Im Herbst 1933 entschied sich die Geschäftsführung des Stammbetriebes, ein neues Zweigwerk in Brandenburg (Havel) zu errichten. Hintergrund dieser Standortwahl waren dabei die günstigen topographischen Gegebenheiten, die den Bau von Wasserflugzeugen erlaubten, sowie die ausgebaute Infrastruktur der Region. Außerdem ermöglichten große stadtnahe Flächen den Aufbau eines Flugfeldes und eine kontinuierliche Erweiterung des Werkes. Darüber hinaus gab es in Brandenburg ein großes Potential an ausgebildeten Metallfacharbeitern. Auch die Nähe zur Metropolregion Berlin dürfte ein ausschlaggebendes Argument für den Standort gewesen sein.

Im September 1934 erwarben die „Arado-Flugzeugwerke“ die Gelände der ehemaligen „Deutschen Mähmaschinen-Fabrik“ sowie der „Hartungschen Gießerei“. Der Aufbau des Werkes oblag dem ehemaligen Piloten Erwin Martin. Am 16. Oktober 1934 erfolgte der Eintrag des Betriebes ins Handelsregister.  Noch im selben Jahr kam es zu einer Erweiterung des Werkes um Teile des Geländes der „Elisabethhütte“. Am 11.04.1935 lief das erste Schulflugzeug vom Typ Ar 66 C in Brandenburg (Havel) vom Band (Abb. 1). Im selben Jahr wurde das Konstruktionsbüro von Warnemünde nach Brandenburg verlegt. Zeitgleich hatten die „Arado-Flugzeugwerke“ im Jahr 1933, forciert vom Reichsluftfahrtministerium (RLM), ein Werksgelände in Potsdam-Babelsberg gekauft. Hier entstand im Juni 1936 die Verwaltungsstelle des Betriebes. Später wurden hier auch Drehteile zur Entlastung des Werkes in Brandenburg hergestellt.

In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg verließen eine Reihe ziviler Eigenkonstruktionen das Werk in Brandenburg (Havel). So stellte man eine Anzahl von Schulflugzeugen her, zu denen auch die Typen Ar 66 sowie Ar 96 (Abb. 2) gehörten. Als besonderer Erfolg für das Werk kann das Reiseflugzeig Ar 79 von 1938/39 gelten. Jenes fand nicht nur einen großen Absatz, sondern stellte auch eine Reihe von Rekorden auf (Abb. 3, 4).

Seit 1937 lag der Hauptschwerpunkt des Werkes jedoch auf der Rüstungsproduktion. Hierbei stand der Lizenzbau im Vordergrund. Eigenkonstruktionen für den militärischen Bereich erwiesen sich fast durchgehend als Misserfolge, eine Ausnahme bildete dabei das Seekampfflugzeug Ar 196, welches seit 1939 von Kriegsmarine und Luftwaffe eingesetzt wurde. In wesentlich größeren Stückzahlen wurden die Maschinen fremder Konstrukteure im Werk produziert. Hierzu zählten bspw. Flugzeuge der Typen HE 51, HE 111, JU 88 sowie JU W33/ W34. Um den gestiegenen Ansprüchen des RLM gerecht zu werden, errichtete „Arado“ zwischen 1937 und 1941 ein weiteres Werk bei Neuendorf. Hierbei handelte es sich, wie bereits im Falle von Brandenburg und Warnemünde, um ein Endmontagewerk, welches durch weitere Zweigwerke beliefert wurde. Jene fanden sich in Anklam, Wittenberg und Rathenow.

Bei den Beschäftigungszahlen kam es in den „Arado-Flugzeugwerken“ zu einem kontinuierlichen Anstieg. Aus den anfänglich 3.749 Mitarbeitern im Jahr 1935, waren bis Oktober 1938 14.090 geworden. Einen Höchsttand erreichte diese Zahl im Juni 1944, als 30.670 Menschen im Flugzeugwerk beschäftigt waren. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass seit 1940 auch vermehrt Zwangsarbeiter in den Werken eingesetzt wurden. Dabei handelte es sich primär um Franzosen, Holländer, Tschechen sowie „Ostarbeiter“. Die Zahl von 2.500 „Fremdarbeitern“ im Jahr 1943, stieg bis zum Kriegsende auf 3.500 an.

In der Schlussphase des Zweiten Weltkrieges wurde das Flugzeugwerk in Brandenburg wiederholt Ziel alliierter Luftangriffe. Erstmals am 18. April 1944 kam es hier zu Bombenabwürfen US-amerikanischer Flugzeuge. Ein weiterer Angriff wurde am 6. August 1944 geflogen. Der letzte Luftangriff folgte im März 1945. Im Mai wurde das Werk schließlich durch sowjetische Truppen besetzt. Ein Teil der dortigen Flugzeuge wurde als Reparationsleistung eingezogen und in die UdSSR transportiert.

Nach Kriegsende fanden unter der Treuhandverwaltung vom Juni 1945 bis Ende 1948 umfangreiche Demontagen und teilweise auch Abrissarbeiten an Hallen und Gebäuden statt. 1948 gingen die „Arado-Flugzeugwerke“ nach der Überführung in Volkseigentum in Liquidation.

 

(Textvorlage: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 75 Arado Flugzeugwerke Potsdam; Bestandsübersicht / Firmengeschichte [Siehe: Hier], ergänzt und bearbeitet von Julian-Dakota Bock)

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 75 Arado Flugzeugwerke Potsdam.

Literatur

Brekow, Frank: 100 Jahre Luftfahrt in Brandenburg an der Havel. In: Historischer Verein Brandenburg (Havel) e.V. Jahresbericht 20 (2011), S. 12-23.

Brekow, Frank: Arado Flugzeugwerke. In: Geiseler, Udo; Heß, Klaus (Hrsg.): Brandenburg an der Havel. Lexikon zur Stadtgeschichte (= Einzelveröffentlichungen der Brandenburgischen Historischen Kommission e.V.; 13). Berlin 2008, S. 29.

Brekow, Frank: Die Arado-Flugzeugwerke GmbH – größter Rüstungsbetrieb Brandenburgs. In: Heinrich, Gerd (Hrsg.) u.a.: Stahl und Brennabor. Die Stadt Brandenburg im 19. und 20. Jahrhundert (= Bibliothek der Brandenburgischen und Preußischen Geschichte; 3). Potsdam 1998, S. 451-455.

Koos, Volker: Arado-Flugzeuwerke 1925-1945. Königswinter 2007.

Kranzhoff, Jörg Armin: Die Arado-Flugzeuge. Vom Doppeldecker zum Strahlflugzeug. Bonn 2001.

Heß, Klaus: Zwangsarbeiter. In: Geiseler, Udo; Heß, Klaus (Hrsg.): Brandenburg an der Havel. Lexikon zur Stadtgeschichte (= Einzelveröffentlichungen der Brandenburgischen Historischen Kommission e.V.; 13). Berlin 2008, S. 417-418.

Abbildungsnachweis

Abb. 1 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Arado_Ar_66c,_D-IYMO,_1935_(3).jpg (Gemeinfrei).

Abb. 2 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Arado_Ar_96_B,_So._1940_(2).jpg?uselang=de (Gemeinfrei).

Abb. 3 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Arado_Ar_79_3-view.svg?uselang=de (MLWatts / eigenes Werk – CCO).

Abb. 4 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pressemitteilung_%C3%BCber_Rekordversuch_vom_19.07.1938.jpg (Rostocker Anzeiger - CC BY-SA 3.0).

Empfohlene Zitierweise

Arado-Flugzeugwerke GmbH, Brandenburg (Havel), publiziert am 28.03.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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