VEB Lokomotivbau / Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“, Wildau

Katrin Verch (ergänzt und bearbeitet von Julian-Dakota Bock)

Die seit 1900 in Wildau ansässige „Berliner Maschinenbau AG (vormals L. Schwartzkopff)“ wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs enteignet und die Anlagen vollständig demontiert (Abb. 1).

Ende 1946 siedelte sich ein im Dienst der Besatzungsmacht stehendes Lokomotiv-Konstruktionsbüro an. Außerdem entstanden zwei kleine Firmen, die Arbeitsgemeinschaft Wildau GmbH (Waggonreparatur) und die Fahrzeug- und Beschaffungs-GmbH (Bau von Musterstücken für Loks). Nach der Aufhebung der Sonderverwaltung des Betriebsgeländes wurde in den Werksanlagen Anfang 1949 der „VEB Lokomotivbau Wildau“ gegründet.

Begonnen wurde u.a. mit der Reparatur von Eisenbahnwagen, der Montage von Lokomotiv-Aschkästen und dem Bau von Haldenpflügen (letztere als Reparationsleistung). Hinzu kamen der Bau von Walzwerkausrüstungen und die Reparatur von Lokomotiven. Außer einigen Versuchsmustern wurden jedoch keine Lokomotiven neu gebaut. Im Laufe des Jahres 1950 wurde das künftige Produktionsprofil näher bestimmt. Wildau sollte zu einem Standort des Schwermaschinenbaus für den Bergbau und die Schwerindustrie werden. Der „VEB Lokomotivbau“ wurde in „VEB Schwermaschinenbau“ umbenannt. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten bereits wieder 2.000 Menschen im Werk.

Am 30. April 1952 konnte eine neue Großschmiede in Betrieb genommen werden. An diesem Tag erhielt das Werk den Namen „Heinrich Rau“ verliehen. 1952 entstanden je eine Abteilung für Walzwerkausrüstungen und Schmiedeausrüstungen, 1953-1954 kam die Kurbelwellenfertigung hinzu, 1959/1960 ein Ringwalzwerk und 1972 wurden die Fundamente für eine neue Gesenkschmiede gelegt. Außerdem erfolgte die Herstellung von Konsumgütern (Abb. 2).

Die produzierten Walzwerkausrüstungen bestanden aus Kaltpilgerwalzwerken, Rohziehmaschinen, Formstangenrichtmaschinen für Profile und Rundmaterial, Knüppel- und Rundputzschleifmaschinen sowie Ofengruppen. Die Schmiedeausrüstungen bestanden aus Schmiede- und Abgratpressen, Freiform- und Gesenkhämmern, Schmiedemaschinen und Schmiedemanipulatoren. Des Weiteren wurden Blechbearbeitungsmaschinen wie Blechbiege- und Anbiegemaschinen, Blechrichtmaschinen, Formstangenrichtmaschinen und Biegestreckrichtmaschinen hergestellt. Hinzu kamen Chemieanlagen, bestehend aus Faserplatten, Etagenpressen, Fördergurtvulkanisier- und Reparaturpressen sowie Druckanlagen, Kurbelwellen und Sonderausrüstungen und –maschinen (Abb. 3). Insgesamt sind 75 verschiedene Maschinenarten in Wildau entwickelt worden, 1980 gingen davon ca. 80 % der Produktion in den Export.

Als „VEB Lokomotivbau“ gehörte das Werk zunächst zur VVB (Z) Lowa Wildau, einer VVB des Lokomotiv- und Waggonbaus, und ab Juli 1950 als „VEB Schwermaschinenbau“ zur VVB (Z) Abus Halle, einer VVB für die Ausrüstung von Bergbau und Schwerindustrie. Ab März 1951 unterstand der Betrieb direkt dem jeweils zuständigen Ministerium und ab 1958 der VVB Ausrüstungen für die Schwerindustrie und Getriebebau Magdeburg (VVB Asug). Am 1. Januar 1969 wurde das Schwermaschinenbaukombinat „Ernst Thälmann“ Magdeburg (SKET) gebildet, dem das Wildauer Werk als zweitgrößter Kombinatsbetrieb angehörte. 1990 erfolgte die Umwandlung zur „Schwermaschinenbau AG Wildau“.

VVB (Z) – Vereinigung Volkseigener Betriebe

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 505 VEB Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“ Wildau. [Siehe: Hier]

Das Schwundgrad. Betriebszeitung für die Belegschaft des VEB Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“ Wildau (1950-1989).

SED/BPO des VEB Schwermaschinenbaus Heinrich Rau Wildau (Hrsg.): Wer wir sind, woher wir kommen, wohin wir gehen. Aus der Geschichte des heutigen VEB Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“ Wildau, Betrieb der ausgezeichneten Qualitätsarbeit im SKET Magdeburg. Wildau 1989.

Schmidt-Götze, Charlotte: Der Kampf um die Planerfüllung im VEB Schwermaschinenbau "Heinrich Rau" Wildau, Träger der Staatsauszeichnung „Orden Banner der Arbeit“. Potsdam ca. 1960.

Literatur

Ceasar H. J. u.a.: Unser Werk. VEB Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“ Wildau. In: o. A.: Wildauer Heimatbuch Teil II. Horb am Neckar 2001, S. 33-35.

Niehus, Klaus-Dieter: Lokomotiv-Geschichte eines Grossbetriebes. In: Heimatkalender Königs Wusterhausen Dahmeland 5 (1999), S. 56-59.

Studieren in Wildau. Ein Hochschul-Porträt in Bildern. Wildau 2013.

Verch, Katrin: VEB Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“ Wildau. In: Posselt, Rosemarie u.a. (Hrsg.): Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam 1952-1990 (= Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; Teil III/2). Berlin 2005, S. 376-378.

Abbildungsnachweis

Abb. 1-3 Studieren in Wildau. Ein Hochschul-Porträt in Bildern. Wildau 2013.

Empfohlene Zitierweise

Verch, Katrin: VEB Lokomotivbau / Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“, Wildau, publiziert am 22.03.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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