VEB Kranbau Eberswalde
Julian-Dakota Bock
Nach 1945 erfolgte die vollständige Demontage der „Ardeltwerke“ in Eberswalde sowie die Enteignung des Betriebes (Abb. 1). Lediglich die Gießerei blieb vollständig erhalten. Auf Betreiben des ehemaligen Chefkonstrukteurs der Ardeltwerke, Wilhelm Reinicke, kam es ab 1948 zum Wiederaufbau des Werkes. Als Gründungsdatum wird der 20. März 1948 genannt, an dem nach entsprechenden Verhandlungen mit der SMAD durch die Deutsche Zentralverwaltung für Industrie im Beisein von Vertretern der Landesregierung Brandenburg der Aufbau des Werkes bekannt gegeben wurde. Reinicke wurde auch technischer Leiter des anfänglich als „ABUS-Kranbau Eberswalde“ firmierenden Betriebes mit einer Belegschaft von 37 Personen. Allerdings war das Werk erst 1949 wieder funktionsfähig. Bis Ende des Jahres konnten hier 13 Krananlagen produziert werden. Im Jahr 1950 folgte die Instandsetzung der Kopfbauten sowie die Installation einer Laufkrananlage und einer Bockkranstraße. Ab 1952 gab der Betrieb die Zeitung „Der Kranbauer“ heraus (Abb. 2). Einer der ersten größeren Aufträge für das Werk war der Bau eines neuartigen Bockkrans für das Gaskombinat „Schwarze Pumpe“ in Hoyerswerda.
In den Jahren 1957-1959 wurde eine neue Produktionsstätte über dem Fundament des alten Werkes errichtet. Neben dem Stahlbau und Zuschnitt fand sich hier auch Platz für die Montage größerer Geräte. Wahrzeichen des neuen Werkes wurde der 60-Meter hohe Montagekran (Abb. 3). Ab 1957 ging man in Eberswalde zur Schweißtechnik über, nachdem in der Nachkriegszeit aufgrund des Mangels an qualitativ hochwertigem Stahl überwiegend genietet wurde. Diese Entwicklung ermöglichte die Produktion wartungsfreundlicherer Kräne. Bis Ende der 1950er Jahre entwickelte sich der VEB zum größten Arbeitgeber in der Region mit ca. 2.000 Beschäftigten. Gleichzeitig war der Betrieb bis 1960 größter Schuldner des Bezirks und blieb weit hinter den Forderungen der Planbehörde zurück. Dieses Problem konnte auch durch die Herstellung von Konsumgütern in der Abteilung „Massenbedarf“ nicht behoben werden. Darüber hinaus litt das Werk an einem konstanten Fachkräftemangel, da sich unter den Abwanderern in die BRD unverhältnismäßig viele Ingenieure und Techniker befanden. In dieser Zeit produzierte der „VEB Kranbau“ verschiedenste Arten von Kränen, z.B. Laufkräne, Kräne für Stahlwerke sowie Verladebrücken. Außerdem wurden bis 1959 auch Bagger hergestellt (Abb. 4-6).
Erst die betriebsinternen Reformen in Folge des Überganges zum „Neuen Ökonomischen System der Planung und Leitung“ (NÖSPL) von 1963 brachten positive Entwicklungen für den „VEB Kranbau“. Neben umfassenden Modernisierungen der Produktionstechnik kam es zu einer Spezialisierung der Produktpalette. So wurden bspw. Laufkräne aus dem Sortiment genommen. Der Fokus lag nun auf der Produktion von Kränen für den Hafen- und Werftbetrieb. So stattete der VEB in den Jahren 1960-1965 den neuen Überseehafen Rostock mit Kränen auf Basis von Blocksäulenkonstruktionen aus (Abb. 7). Anfang der 1970er Jahre waren Hafenkräne mit 65 % des Produktionsumfanges das Haupterzeugnis. In dieser Zeit orientierte man sich stark an der technologischen Entwicklung der BRD, bspw. in der Herstellung von Blocksäulen- und Großrohrkränen. Seit Mitte der 1980er-Jahre kam die Modernisierung im Betrieb, bedingt durch die krisenhafte ökonomische Situation in der DDR, zunehmend ins Stocken und man verlor den technologischen Anschluss an den Westen.
Der „VEB Kranbau“ war in erster Linie ein Exportbetrieb. Diese zeigte sich bereits in der Anfangszeit des Unternehmens, als ein Großteil der Produkte als Reparationsleistung in die Sowjetunion geliefert wurde. Auch nach Ende dieses Verhältnisses exportierte der „VEB Kranbau“ primär ins sozialistische Ausland. So stattete man bspw. den Hafen von Murmansk 1981 mit einem modernen Großrohrkran aus. Gleichzeitig lieferte der Betrieb auch Produkte in den Westen, so bspw. 1956 in den Hafen von Antwerpen. Auch in der BRD fanden sich Kräne aus Eberswalde (Abb. 8). Die Verträge mit Auftraggebern im „Nichtsozialistischen Ausland“ blieben jedoch oft kurzfristiger Natur und beschränkten sich auf einmalige Lieferungen.
Ab 1948 gehörte der VEB zur VVB (Z) ABUS Halle (Saale), einer VVB für die Ausrüstung von Bergbau und Schwerindustrie, unterstand ab 1951 dem Ministerium für Industrie bzw. seinen Nachfolgern, kam 1958 zur VVB Bergbauausrüstungen und Förderanlagen Leipzig, später VVB TAKRAF Leipzig, Tagebauausrüstungen, Krane und Förderanlagen und ab 1979 zum VEB Schwermaschinenbaukombinat TAKRAF Leipzig.
Die Privatisierung zur Kranbau Eberswalde GmbH erfolgte im Jahr 1990. Heute firmiert das Unternehmen wieder unter dem Namen der Gründerfamilie Ardelt.
VVB (Z) – Vereinigung Volkseigener Betriebe unter Leitung der Hauptverwaltung der Deutschen Wirtschaftskommission
Quellen
Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 705 VEB Kranbau Eberswalde. [Siehe: Hier]
Literatur
Schneller, Sabine u.a.: Die Geschichte der Unternehmen der Kranunion. Leipzig 2013.
Verch, Katrin: VEB Kranbau Eberswalde. In: Posselt, Rosemarie u.a. (Hrsg.): Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam 1952-1990 (= Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; Teil III/2). Berlin 2005, S. 379-380.
Iwen, Kurt: Geschichte des VEB Kranbau Eberswalde. Teil 1 Von den Anfängen der Besiedlung des Territoriums Eberswalde-Finow bis zum V. Parteitag der SED Juli 1958. Eberswalde 1971.
Abbildungsnachweis
Abb. 1-4, 8 Schneller, Sabine u.a.: Die Geschichte der Unternehmen der Kranunion. Leipzig 2013.
Abb. 5 File:Fotothek df roe-neg 0006508 007 Kran des VEB Kranbau Eberswalde, Technische Messe 1953.jpg - Wikimedia Commons (Foto: Roger Rössing - CC BY-SA 3.0).
Abb. 6 File:Bundesarchiv Bild 183-36970-0001, Berlin, Alexanderplatz, Kran.jpg - Wikimedia Commons (Foto Zühlsdorf - CC BY-SA 3.0).
Abb. 7 File:Bundesarchiv Bild 183-A0707-0006-001, Rostock, Überseehafen, Verladearbeiten.jpg (Foto: Horst Sturm - CC BY-SA 3.0).
Empfohlene Zitierweise
Bock, Julian-Dakota: VEB Kranbau Eberswalde, publiziert am 14.03.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)