VEB Feintuch Finsterwalde

Katrin Verch (bearbeitet und ergänzt von Vinzenz Czech)

Vor dem Ersten Weltkrieg existierten in Finsterwalde elf Tuchfabriken unterschiedlicher Größe. Die größte und bedeutendste war die 1838 gegründete „Fa. F. F. Koswig, Tuchfabrik Finsterwalde“. Nach 1945 nahmen nur drei Tuchfabriken die Produktion wieder auf. Die „Fa. F. F. Koswig“ und die „Tuchfabrik Traugott Schulze“ wurden nach dem SMAD-Befehl Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 enteignet und in Volkseigentum überführt. Es entstanden der „VEB Feintuchfabrik Finsterwalde“ und der „VEB Finsterwalder Wolltuchfabrik“. Die „Tuchfabrik Carl Schäfer“ unterlag 1950 der Vermögenseinziehung. Aus ihr wurde der „VEB Tuchfabrik Finsterwalde“.

Während der „VEB Feintuchfabrik“ 1948 der VVB (Z) Spinnweber Cottbus zugeordnet war, gehörten die anderen beiden Betriebe der VVB (L) Textil, Bekleidung und Leder Cottbus an. Im Zuge der Konzentration der Produktion wurden die drei Tuchfabriken 1951 zur „VEB Feintuchfabrik“ vereinigt, die nun zur VVB (Z) Spinnweber Cottbus gehörte. Ab 1958 unterstand der Betrieb der VVB Volltuch Cottbus und ab 1970 dem VEB Textilkombinat Cottbus.

So existierte ab 1951 nur noch ein Textilbetrieb in der Stadt mit dem Werk I (Hauptwerk) in der Brunnenstraße (ehemals Fa. Koswig) (Abb. 1-3), Werk II in der Weststraße (ehemals Traugott Schulze), dem Werk III Langer Damm (ehemals Fa. Koswig, davor R. Haberland) und dem Werk IV in der Leipziger Straße (ehemals Carl Schäfer) (Krönert/Leibger, 90).

Hergestellt wurden in dieser Zeit vor allem Uniformtuch sowie Stoffe für Herren- und Damenmäntel, Herrenanzüge und Damenkostüme. Ab 1951 wurde im Laufe der Jahre ohne bauliche Veränderungen eine Zentralisation der Produktionskapazitäten durchgeführt, indem Produktionslinien zusammengefasst oder umverteilt wurden. Die Rohstoffveredlung und Ausrüstung wurden in Werk I zusammengefasst und nach einem Brand in Werk IV, der die halbe Webereikapazität vernichtete, gestaltete man diesen Bereich zur Lehrwerkstatt und Betriebsschule um. Das Werk II wurde Ende 1954 stillgelegt und die Belegschaft in Werk I übernommen. In Werk III befand sich die Nassappretur. Die Spinnerei wurde ins Hauptwerk verlegt, dagegen wanderte der größte Teil der Stopferei in Werk III.

Die Tuchproduktion stieg von 800.000 qm im Jahr 1946 auf ca. 2.500.000 qm 1959. In dieser Zeit waren 985 Arbeiter und Arbeiterinnen angestellt, wobei der Frauenanteil bei über 70 % lag (Krönert/Leibger, 93).  

1961 eröffnete der „VEB Feintuchfabrik Finsterwalde“ in Rostock einen Industrieladen zur Präsentation seiner Erzeugnisse, der erst nach fast 30 Jahren 1990 schließen sollte. Unter dem Warenzeichen „Arkalaine“ wurden Wollerzeugnisse mit mindestens 70% Schurwolleanteil, wie boucléartige Tweeds, Sportmantelstoffe in Schwarz-Weiß-Musterung, Kleinmusterungen oder in einfarbiger Ausführung, sowie Strichflauschmantelstoffe mit Mohair und Velours hergestellt. 1965 waren Streichgarngewebe für Damen- und Herrenmäntel im Angebot, die auf der Rückseite mit Polyurethan-Schaumstoff beschichtet waren und unter dem Namen „Fiorly“ bekannt wurden. Streichgarngewebe wurden vorwiegend für Mäntel verwendet. Kammgarngewebe hingegen benötigten Post, Armee, Zoll und Bahn für ihre Dienstbekleidung.

Ab 1970 begannen umfangreiche Investitionen an Gebäuden und Maschinen. So wurde der Neubau eines Färbereigebäudes und seine Bestückung mit Hochtemperatur-Färbeapparaten realisiert sowie 1974/75 die Spinnerei und die Appretur rekonstruiert (Abb. 4, 5). Ab 1985 entstand ein neues Webereigebäude mit 55 neuen Webmaschinen, auch die Spinnerei wurde erneuert.

Nachdem die Rekonstruktion im Bereich Appretur im Hauptwerk abgeschlossen war, wurde das Werk III 1975 stillgelegt (Krönert/Leibger, 93). Im selben Jahr erfolgte schließlich die Umbenennung der „VEB Feintuchfabrik Finsterwalde“ in „VEB Feintuch Finsterwalde“. Den guten Ruf des Betriebes als Produzent von Damenmantelstoff aus Streichgarngeweben unterstreichen Kunden in England, Finnland, Australien und der BRD sowie die Belieferung von DDR-Konfektionsbetrieben mit überwiegender Exportproduktion (Krönert/Leibger, 95).

1990 erfolgte die Privatisierung zur „Finsterwalder Feintuch GmbH“. Jedoch wurde das Privatisierungskonzept von der Treuhand nicht akzeptiert und die Produktion 1992 stillgelegt. Damit endete auch ein über 600jährige Tradition in Finsterwalde.

VVB – Vereinigung Volkseigener Betriebe

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep 907 VEB Feintuch Finsterwalde [Siehe: Hier]

Literatur

Krönert, Gertraute/ Leibger, Heide: Tuchstädte der Niederlausitz gestern und heute. Forst, Guben, Spremberg, Finsterwalde. Dokumentarisches Auf und Ab in einem traditionsreichen Berufszweig. Cottbus 1995.

Verch, Katrin: VEB Feintuch Finsterwalde. In: Posselt, Rosemarie u.a. (Hrsg.): Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam 1952-1990 (= Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; Teil III/2). Berlin 2005, S. 398-400.

Abbildungsnachweis

Abb. 1, 4, 5 Krönert / Leibger 1995.

Abb. 2 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:FeintuchFinsterwalde.jpg (Foto: Global Fish - CC BY-SA 3.0).

Abb. 3 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:FeintuchFinsterwaldeLang.jpg (Foto: Global Fish - CC BY-SA 3.0).

Empfohlene Zitierweise

Verch, Katrin: VEB Feintuch Finsterwalde; publiziert am 07.04.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)


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