Paul Sperber 

Vorgeschichte: Von fließenden Kanälen und fließendem Strom

Der 1743 unter dem preußischen König Friedrich dem Großen (*1712-†1786) begonnene Zweite Finowkanal als Verbindung zwischen Havel und Oder sorgte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges für die Ansiedlung zahlreicher Industriebetriebe an seinen Ufern, mit Eberswalde als Zentrum. Die Einführung elektrischen Stroms führte letztlich noch einmal zu einer industriellen Hochkonjunktur sowie Steigerung der Effizienz in der gesamten Produktion. Am Ende des 19. Jahrhunderts waren jedoch weite Teile der Provinz Brandenburg bestenfalls punktuell elektrifiziert. Allein der Großraum Berlin bildete hier eine Ausnahme. An dessen Infrastruktur begannen sich auch die Betriebe entlang des Finowkanals anzuschließen und so stieg hier, wie auch in vielen anderen Landesteilen der Bedarf nach Braun- und Steinkohle als Energieträger kontinuierlich. Die Brikettfabriken der Niederlausitz waren es, welche die Versorgung und damit den Aufbau eines allgemeinen und flächendeckenden Stromnetzes in der Provinz Brandenburg erst ermöglichten und sicherstellten.

Eberswalde, das Kraftwerk und die Elektrizität

In Eberswalde „erstrahlte zum ersten Male elektrisches Licht“ am 07. Februar 1883 im Zwicksaal der Hufnagelfabrik des Geheimen Kommerzienrates Clemens Schreiber (Schmidt 1941, 355). Die Stadt errichtete sich dann 1906 in der Bergerstraße, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gaswerk, ein eigenes Elektrizitätswerk zur Versorgung des Stadtgebietes mit relativ bescheidener Leistung (Schmidt 1941, S. 356).

Aufgrund der noch immer spärlich ausgebauten Elektro-Infrastruktur in Brandenburg „gründete die Berliner AEG im Mai 1909 zusammen mit der Elektrobank Zürich die Aktiengesellschaft Märkisches Elektrizitätswerk (MEW)“ (Rohowski 1997, 219). Die Aufgabe der MEW war es, die Betriebe des Eberswalder Industriebezirks mit elektrischer Energie zu versorgen sowie Anreize für die Ansiedlung neuer Unternehmen zu schaffen. Die Eberswalder Zeitung schrieb damals: „Gegenstand des Unternehmens ist die Errichtung einer Überland-Zentrale für die Kreise Oberbarnim, Niederbarnim, Templin, Angermünde und angrenzende Gebiete“ (Tetzlaff 1996, 132). Aufgrund ihres enormen Verbrauchs war die Industrie für die MEW ein lukrativer Geschäftspartner.

Bereits 1908 war unter der Federführung des renommierten Kraftwerksingenieurs Georg Klingenberg (*1870-†1925) und des Architekten Werner Issel (*1884-†1974) am Ufer des Finowkanals in Heegermühle (heute Finow) mit dem Bau eines solchen Kraftwerks begonnen worden, wofür man etwa zwei Millionen Reichsmark veranschlagt hatte (Sperber 2022, 89) (Abb. 1-3). Hierfür wendete Klingenberg eigene Theorien an, welche er bereits zu seinen Studienzeiten an der Technischen Hochschule Charlottenburg entwickelt und 1913 auch publiziert hatte. Darin definierte er unter anderem, dass die Elektrizitätserzeugung unter maximaler Effizienz zu erfolgen hatte. Dies sollte beispielsweise durch eine entsprechende Gestaltung der Kraftwerksbauten, kompakte und zuverlässig arbeitende, wartungsarme Maschinenanlagen sowie möglichst kurze Verbindungswege erreicht werden. Klingenberg plädierte offen für eine Abkehr vom wilhelminischen Eklektizismus. Nach ihm habe sich die Architektur bis dahin „vielfach in falsche Bahnen bewegt und die selbstverständliche Förderung, daß die Formgebung dem Zwecke des Gebäudes Rechnung tragen muss, ist bisher oft übersehen worden. Man sollte nie vergessen, daß ein Kraftwerk nichts anderes ist als eine Elektrizitätsfabrik […]. Tatsächlich werden aber häufig theaterähnliche Bauten errichtet“ (Klingenberg 1924, S. 393). Der Bau des Kraftwerks Heegermühle erfolgte auch deshalb am Kanal, da dies nach Klingenbergs Maximen die Transportwege etwa für Kohle kurz und kostengünstig hielt. Der ebenfalls eingerichtete Eisenbahnanschluss sicherte die Versorgung doppelt hab, um eine kontinuierliche und zuverlässige Stromproduktion zu gewährleisten.

Begonnen wurde der Bau des Kraftwerks Heegermühle mit dem Kesselhaus im Osten des Komplexes. Jenes 19, später 26,5 Meter lange Gebäude errichtete man in Stahlrahmenkonstruktion, welches mit roten Ziegelsteinen ausgefacht wurde. Nur die Ostseite mit dem großen Tor war massiv gemauert. Bei der Erbauung war das Kesselhaus für die Aufnahme von sechs Kesseln konzipiert, deren Anzahl sich im Laufe der Zeit jedoch auf neun steigern sollte. Jene waren nach Schiffskesselart gebaut und stammten von der Firma Babcock & Wilcox Enterprise Inc. (Abb. 4) Überdacht war das Kesselhaus mit einem flachen Satteldach mit Obergaden. Aus diesem ragten große, trichterförmige Schornsteine aus Eisenblech, je einer pro Kesseleinheit, heraus. Hierzu gehörte auch eine Saugzuganlage der britischen Firma White, Child & Benney. Das Gebäude schloss sich nach Westen hin dem Maschinenhaus an (Abb. 5).

Dieses war ebenfalls in ausgemauerter Eisenfachkonstruktion erbaut worden und bildet in Nord-Süd-Ausrichtung das Herzstück der Anlage. Besonders prägnant ist seine bewusst zum Finowkanal ausgerichtete Südfassade mit den markanten Dreifenstergruppen und Lisenen (Abb. 6). Zur natürlichen Belichtung besaß auch dieses Gebäude Obergaden in seiner mansardartigen Bedachung. Im Inneren gliederte sich das Maschinenhaus grob in den Bereich der Kondensatoren im Erdgeschoss sowie in den Bereich der Generatoren und Turbinen, dem Maschinensaal, im Obergeschoss (Abb. 7-8). Bei seiner Erbauung war dieses Gebäude für die Aufnahme von zwei Dampfturbinen ausgelegt und nahm 1909 seinen Betrieb mit einer Leistung von 7.200 kW auf.

Dem Maschinenhaus schloss sich gen Westen wiederum das Schalthaus an, welches als erstes in der deutschen Kraftwerksgeschichte nicht mit dem Maschinenhaus amalgamiert, sondern alleinstehend platziert wurde. Verbunden war es mit seinem Nachbargebäude nur durch einen freischwebenden, flachgedeckten Verbindungsgang aus Eisenfachwerk. Das dreigeschossige Schalthaus akzentuierte man mit Lisenen und Strebepfeilern, auf der Westseite verbindet ein polygonaler Treppenturm die Geschosse. Der Innenraum (Abb. 9) gliederte sich streng nach den einzelnen Tätigkeitsfeldern, etwa für die Netzeinspeisung, die Elektrizitätsregulierung sowie in Bereiche für die Hoch- und die Niederspannung. Aus Brandschutzgründen waren die einzelnen Trennwende mit feuerbeständigen Duroplatten verkleidet (Klingenberg 1924, 415).

Zum Kraftwerkskomplex gehörten weiterhin der Kohlelagerplatz mit einer Verladebrücke der Firma MAN, ein kleiner Binnenhafen für den Kohleumschlag, eine 100 kV-Freiluft-Umspannstation, ein 1909/1910 errichtetes Verwaltungshaus (Abb. 10), eine 50 kV-Schaltstation sowie mehrere Schuppen, Werkstätten, kleinere Lagerhäuser und Garagen.

Betrieb und Entwicklung bis 1945

Die offizielle Betriebsaufnahme des Kraftwerks Heegermühle am 09. Dezember 1909 markierte auch den Beginn der flächendeckenden Elektrifizierung Brandenburgs – letztlich auch Mecklenburgs und Pommerns – durch die „MEW AG“. Durch den noch im gleichen Jahr unterzeichneten Konzessionsvertrag mit dem Eberswalder Magistrat wurde auch das städtische Elektrizitätswerk an das Kraftwerk (auch Überlandzentrale genannt) angeschlossen. Im Mai 1911 verlegte man bereits die ersten beiden 10.000 V-Mittelspannungsleitungen und bald darauf noch zwei 40.000 V-Hochspannungsleitungen nach dem Königlichen Forst Biesenthal. Schon 1912 wurde die Aufstockung auf sechs Kessel und einen weiteren Generator notwendig. Zu jener Zeit versorgte das Kraftwerk bereits 100 Ortschaften. 1916 bis 1918 folgte noch einmal eine erhebliche bauliche Vergrößerung von Schalt- und Maschinenhaus und man stockte auf neun Kessel auf, wodurch sich eine Spitzenleistung von 20.000 kW ergab. 1924 gehörten bereits 29 Land- und fünf Stadtkreise sowie insgesamt 2.900 Ortschaften zum Betriebssprengel der „MEW AG“. Fünf Jahre später gliederte man zudem die Landeselektrizitätswerke des Freistaates Mecklenburg-Schwerin der „MEW AG“ an. Diese war damit de facto auch für die dortige Elektrifizierung verantwortlich und federführend. Wenig später wurde auch das pommersche Netz inkorporiert.

Am Ende der 1920er Jahre konnte aber auch das Heegermühler Elektrizitätswerk den immer weiter steigenden Strombedarf allein nicht mehr decken. Aufgrund technologischer Fortschritte und moderner Maschinenanlagen wurde es teilweise durch den Bau potenterer Anlagen, wie dem Großkraftwerk Finkenheerd, in den Schatten gestellt, sodass es letztlich in den Rang einer Reserveanlage abstieg. Zur gleichen Zeit stellte die „MEW AG“ ernsthaft die weitere Rentabilität des Kraftwerks Heegermühle in Frage, sodass mittelfristig die Stilllegung zu befürchten war. Durch die künstlich herbeigeführte ökonomische Hochkonjunktur vor dem Hintergrund der Kriegsvorbereitungen der Nationalsozialisten war man jedoch wieder auf die Kapazitäten des Kraftwerks angewiesen, um die Kriegs- und Konsumgüterwirtschaft auszubauen. So erfolgte 1937 erneut ein Ausbau des Maschinenhauses gen Norden und die Steigerung der Kapazität auf 56.000 kW. Zugleich wurde im Zuge der Gleichschaltung auch hier das „Führerprinzip“ eingeführt.

Bis 1945 versorgte das Kraftwerk am Finowkanal die umliegenden und angeschlossenen Betriebe nicht nur mit Elektrizität, sondern darüber hinaus mit eigenen Abprodukten, wie Asche, etwa für den Straßenbau. Die Bedeutung der Anlage lag zu dieser Zeit besonders in der Aufrechterhaltung der Moral der Bevölkerung während des Krieges durch eine stabile Stromversorgung. Trotz der geringeren Bedeutung gegenüber dem Großkraftwerk Finkenheerd, diente das Kraftwerk Heegermühle doch als wichtige Überlandzentrale und integraler Bestandteil der elektrischen Versorgungsader zwischen Finkenheerd und Güstrow. Und auch im Barnim setzte man von Finow aus den Ausbau von weiteren Versorgungsleitungen fort. Während des Krieges erlitt das Kraftwerk Heegermühle selbst praktisch keine äußeren Schäden, lediglich 1944 ereignete sich eine schwere Kabelexplosion mit anschließendem Brand, welcher die Stromproduktion im Werk kurzzeitig einschränkte. Und auch das Leitungsnetz der „MEW AG“ schien durch den Krieg relativ wenig beeinträchtigt gewesen zu sein. So ist aber mindestens ein Fall überliefert, bei welchem die Gendarmerie zu Fürstenberg Ende September 1940 meldete, dass nahe des Gutes Neu-Tornow im Kreis Stargard die 50 kV-Leitung zwischen Zehdenick und Granzin durch einen alliierten Luftangriff mit sechs Sprengbomben, welche zum Teil auch im Tornower Forst einschlugen, leicht beschädigt worden war. Dagegen übernahm die „MEW AG“ während des Krieges mehrere Unternehmen, etwa den polnischen Hersteller für Kabel Ozarow AG in Warschau; ebenso wurde 1940 die Überlandzentrale Friedland inkorporiert. Im Kraftwerk Heegermühle kamen zudem auch französische Kriegsgefangene sowie Frauen zum Einsatz. Durch die sich zunehmend verschlechternde Kriegslage wurden von der Berliner AEG auch immer wieder arbeits- und kostensparende Maßnahmen angeordnet. Erst wenige Tage vor Kriegsende musste auch das Kraftwerk Heegermühle seinen Betrieb einstellen.

Literatur (Auswahl)

Bodenschatz, Harald / Lorenz, Werner / Seifert, Karsten: Das Finowtal in Barnim. Wiege der Brandenburgisch-Preußischen Industrie. Berlin 2000.

Klingenberg, Georg: Bau großer Elektrizitätswerke. Berlin 1924.

Rohowski, Ilona: Denkmale in Brandenburg. Landkreis Barnim. Teil 1: Stadt Eberswalde. Worms am Rhein 1997.

Schmidt, Rudolf: Geschichte der Stadt Eberswalde. Band 2 Von 1740 bis 1940. Eberswalde 1914.

Sperber, Paul: Das Kraftwerk Heegermühle und die industrielle Blüte im Finowtal. Eine architektur-, kunst- und industriehistorische Betrachtung im Kontext der Entwicklung der deutschen Elektroindustrie und dem Aspekt der Baudenkmalpflege (= Zeugnisse der Architekturgeschichte; Bd. 1). Eberswalde 2022.

Sperber, Paul: Einzigartiges Industriedenkmal oder volkseigene Ruine? Die Bedeutung des Kraftwerks Heegermühle als Zeugnis brandenburgischer Industriekultur und elektrotechnischen Pioniergeistes. In: Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (Hrsg.): Brandenburgische Denkmalpflege. Jahrgang 9. Heft 2. Wünsdorf 2023, S. 57-64.

Tetzlaff, Christian: Das ehemalige Kraftwerk Heegermühle. In: Verein für Heimatkunde zu Eberswalde e. V. (Hrsg.): Eberswalder Jahrbuch für Heimat-, Kultur- und Naturgeschichte 1996/1997. Eberswalde 1996, S. 126-137.

Abbildungsnachweis

Abb. 1-3, 5-7, 9 Museum Eberswalde.

Abb. 4, 8 Klingenberg, Georg: Das Märkische Elektrizitätswerk; in: Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure. 1911, S. 2125 (Abb. 4), S. 2128/2129 (Abb. 8).

Abb. 10 Privatsammlung Familie Wühle, Eberswalde.

Empfohlene Zitierweise

Sperber, Paul: Kraftwerk Heegermühle, publiziert am 30.07.2024; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)

Vinzenz Czech

In den Jahren 1883/84 richtete Carl Augustini in der Bergerstraße eine Eisengießerei ein. Augustini, vorher Direktor der Keula-Muskauer Eisengießerei, eröffnete seine Fabrik (bestehend aus zwei 38 Meter langen, 13 Meter tiefen Werkstätten) am 15. März 1884 und spezialisierte sich zunächst auf die Gewichtgießerei, die eine sehr große Ausdehnung annahm.

Bereits zwei Jahre später ging die Eisengießerei jedoch über an ein im Zuge der Berliner Stadtentwässerung durch die Ingenieure August Budde und Tassilo Goehde 1878 gegründetes Unternehmen (Abb. 1, 2), das sich zunächst nur dem Handel mit „Kanalisations-, Gas und Wasserleitungsartikel[n]“ (Budde & Göhde 1928, 13) gewidmet hatte, nun aber selbst in die Herstellung der massenhaft benötigten Güter einzusteigen gedachte. Zum Direktor des Werkes Eberswalde wurde 1890 Paul Graber berufen, welcher diesen umfangreichen Betrieb bis 1920 leitete.

Mit einem Kapital von 450.000 Mark wurde Ende 1892 die Umwandlung der Eisengießerei Eberswalde in eine G.m.b.H. vorgenommen, in die noch Fritz Dammann (Berlin), Johann Kribben (Cottbus) und Georg Landré (Berlin) eintraten.

Nach sehr erfolgreichem Produktionsstart kam es bis 1900 mehrmals zu Betriebserweiterungen. Die Gießerei in Eberswalde wurde durch Neubauten und Neueinrichtungen erheblich vergrößert und ausgebaut (Abb. 3-5). Der Absatz der Fabrikate erfolgte meist in Berlin und Umgebung. Hergestellt wurden hauptsächlich Rohre, Gullydeckel, Hydranten, Ausgüsse und Herdplatten. 1906 zählte das Unternehmen über 200 Beschäftigte und produzierte rund sieben Millionen Tonnen gusseiserner Waren (Abb. 6-11).

Zur weiteren Ausdehnung des Geschäftsbereiches beteiligte sich die Firma an dem Radiatorenwerk Britz bei Eberswalde, jedoch wurde die Fabrikation von Radiatoren bald wiedereingestellt und das Radiatorenwerk in die Firma „Britzer Eisenwerk GmbH“ umgewandelt.

1914 musste der Betrieb auf den Krieg umgestellt werden, es wurden Graugussgranaten fabriziert. Aufgrund der schwierigen Geschäftsbedingungen nach dem Krieg infolge der Inflation unterblieben Modernisierungen und nur die notwendigsten Instandhaltungsarbeiten konnten durchgeführt werden.

Nach der Stabilisierung (1924) beteiligte sich die Firma auch am Großhandel mit Zinkblechen und Fayencen. In wenigen Jahren gelang es, den Umsatz zu verdoppeln. Trotzdem wurde das bedeutsame Werk ein Opfer der späteren Wirtschaftskrise. Am 1. Dezember 1930 wurden nur noch 80 Arbeiter beschäftigt, die Firma musste sich entschließen, mit Ablauf dieses Jahres das Werk stillzulegen.

Ein Teil des Geländes wurde verkauft. Die verbliebenen Werksgebäude dienten später als Marmeladenfabrik bzw. Großlager. Die Gebäude legen Zeugnis ab von der einstigen Bedeutung der Bergerstraße als bevorzugter Industrie- und Gewerbestandort. Zugleich wirkt die Gießereihalle aufgrund ihrer Größe und Gestaltung als dominanter Blickpunkt im Straßenbild (Denkmaltopographie, 85).

Literatur

Aurich, H.: Die Industrie am Finowkanal. Bilder aus dem Industrieleben am Finowkanal. Eberswalde 1906, S. 54-63.

Budde & Goehde GmbH. Berlin und Eberswalde 1878-1928. Berlin 1928.

Rohowski, Ilona (Bearb.): Denkmale in Brandenburg. Band 5.1 Landkreis Barnim. Teil 1 Stadt Eberswalde. Worms 1997, S. 85.

Schmidt, Rudolf: Geschichte der Stadt Eberswalde. Band 2: Von 1740 bis 1940. Eberswalde 1941, S. 240.

Abbildungsnachweis

Abb. 1, 2, 4-10 Budde & Goehde 1928.

Abb. 3 Aurich 1906.

Abb. 11 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:18-05-22-Eisengie%C3%9Ferei_Budde_%26_Goehde_Eberswalde_RRK2898.jpg?uselang=de (Foto: Ralf Roletschek - GFDL 1.2).

Empfohlene Zitierweise

Czech, Vinzenz: Eisengießerei Budde & Goehde GmbH, Berlin und Eberswalde, publiziert am 06.05.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)

Hendrik Maßmann

Entstehung

Qualitativ hochwertiges Druck-, Schreib- und Zeichenpapier musste noch Mitte des 18. Jahrhunderts großteils aus Holland und Frankreich importiert werden. Dies widersprach nicht nur dem königlichen Anliegen der Förderung heimischer Manufakturen, sondern war zudem auch höchst kostspielig (Friese 2000, S. 173). Noch zu Zeiten König Friedrichs II. konnten trotz einer ausgesetzten Prämie, die im Jahr 1770 als Belohnung für die Lieferung besonders hochwertigen Papiers ausgesetzt worden war, die eingesandten Resultate der märkischen Papiermühlen nicht mit den importierten mithalten. Der Wunsch nach einer Papiermanufaktur innerhalb Preußens, die mit den Produkten der holländischen Papiermanufakturen konkurrieren konnten, blieb jedoch bestehen.

Im Jahr 1779 schrieb der Geheime Finanzrat Tarrach dem König von einem Ort bei Neustadt- Eberswalde, an der beste Gelegenheiten bestehen würden, eine holländische Papiermühle zu errichten (Friese 2000, S. 174). An besagter Stelle in Spechthausen hatte 1709 Johann George Specht (der Namensgeber des Ortes wurde) am Zusammenfluss von Schwärze und Nonnenfließ südlich von Neustadt-Eberwalde eine Schneidemühle errichtet, die später durch eine Mahlmühle (1710) und einen Eisen- und Kugelhammer (1712) ergänzt worden waren. Seit 1734 wurde Spechthausen vom Amt Biesenthal verwaltet (Friese 2000, S. 173).

Der Gedanke, in Spechthausen eine Papiermühle zu errichten, war 1779 nicht neu. Schon im Jahr 1738 hatte man die günstige Lage entdeckt, doch war die Wasserqualität zur Papierherstellung als zu niedrig eingestuft worden (Friese 2000, S. 173). Nach dem Tod Spechts 1718 war die Mühle in den Besitz seiner Witwe übergegangen und hatte nach 1733 mehrmals den Besitzer gewechselt.

Die finale Entscheidung, eine holländische Papiermühle in Spechthausen zu errichten, lässt sich auf den 21. September 1780 datieren. Der Franzose Jean Dubois war nach einer schwierigen Suche als Unternehmer und Betreiber ausgewählt worden (Friese 2000, S. 175). Im Frühjahr 1781 wurden vom König insgesamt 41.350 Reichsthaler zum Rückkauf des Erbpachtgutes Spechthausen und zur Errichtung der Papiermanufaktur nach holländischer Art bereitgestellt (Friese 2000, S. 177) und im Frühjahr des Jahres 1783 das Wohnhaus, das Fabrikgebäude, ein Presshaus, ein gehendes Werk, eine Scheune, ein Kuh- und Pferdestall sowie vier Familienhäuser und ein Büdnerhaus fertiggestellt. Eine nicht ausreichende Prüfung des Baugrunds und der Wasseranlagen verzögerten die Bauarbeiten, da die Aushebung und Anpassung des Mühlteiches sowie der Schwärze und des Nonnenfließes nicht veranschlagt worden waren (Friese S. 179).

Beginn der Papierherstellung in Spechthausen

Am 9. Juni 1783 konnte trotz widriger Umstände das erste Papier in Spechthausen geschöpft werden. Die von Dubois beschäftigten Papiermachergesellen aus Frankreich waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Spechthausen angekommen. Daher musste Dubois sich Papiermachergesellen der umliegenden Papiermühlen ausleihen. Die zur Schöpfung des Papiers benötigten Siebe mussten zudem neu hergestellt werden, da ihre Ausfuhr aus Frankreich verboten war (Friese 2000, S. 180).

Die Beziehung zwischen Dubois und dem König sowie dessen Vertretern war von Beginn an vor allem auf Grund finanzieller Belange belastet. Gegen Ende des Jahres 1783 drohte er die Produktion einzustellen und die Arbeiter zu entlassen. Der König entgegnete daraufhin, die Papiermühle dann zwangsverwalten zu lassen. Dubois versäumte es, innerhalb von drei Tagen zu dieser Botschaft Stellung zu nehmen und tauchte für mehr als vier Wochen ab. Er erschien erst im Januar 1784, am Tag, an dem die Papiermühle durch das Kurmärkische Department Ministerium unter Zwangsverwaltung gestellt wurde, und kam in Folge dessen in Haft (Friese 2000, S. 180). Trotz einer Bitte zur Widereinsetzung Dubois´ durch die Arbeiter der Papiermühle im Ende Januar 1784 blieb dieser während der Dauer des Prozesses von Januar 1784 bis Juli 1793 in Haft.

Zwischen Dubois` Verschwinden und der Übernahme der Papiermühle durch den Papierhändler Peter Andres Eysenhardt aus Berlin wurde die Papiermühle von Tobias Hanto beaufsichtigt, der zu dieser Zeit Pächter der Papiermühle Wolfswinkel war (Friese 2000, S. 181).

Papierfabrik unter Eysenhardt

Peter Andreas Eysenhardt, der die Papiermanufaktur 1784 übernahm und bis 1787 führte, war unter mehreren Interessenten zum Nachfolger Dubois` ausgesucht worden, da er nicht nur bereit war, Dubois` Vertrag zu übernehmen, sondern sich zudem auch verpflichtete, innerhalb von vier Monaten einen holländischen Papiermeister zu finden sowie zu engagieren und diesen zum Miteigentümer zu machen (Friese 2000, S. 185).

Eysenhardt bat den König im Juli 1784, die Arbeiter der Manufaktur entlassen zu dürfen, da er unter den gegebenen Löhnen der Arbeiter nicht wirtschaften könne und dies unweigerlich zu einer Verteuerung des Papiers führen würde (Friese 2000, S. 185).

Er versprach dem König, einen Umbau und Anpassungen an der Papiermühle vorzunehmen, da sich die Ausstattung der Manufaktur wesentlich von der ursprünglichen Beschreibung unterschied und etliche Maschinen fehlerhaft oder sogar unbrauchbar waren. Laut Eysenhardt hätte Dubois weder die von ihm angegebene Quantität noch die Qualität erreichen können. Am 6. Dezember 1784 konnte von der ersten vorliegenden Probe von Papier aus Spechthausen berichtet werden (Friese 2000, S. 186 f.).

Eysenhardt verstarb zum Ende des Jahres 1786. Seine Witwe bat den König, die Mühle ohne die Zustimmung des zuständigen Amts verkaufen zu dürfen, da ihr Sohn noch minderjährig war. Ein potenzieller Käufer war bereits gefunden. Am März 1787 wurde schließlich der Kaufvertrag zwischen der Witwe Eysenhardt, ihrem Sohn und Johann Gottlieb Ebart unterschrieben (Friese 2000, S. 187).

Fabrik der Familie Ebart

Mit der Übernahme der Fabrik durch Johann Gottlieb Ebart, dem Sohn eines Berliner Papierhändlers und Stiefbruder von Josua Founier, der von 1790 -1803 Pächter der Papiermanufaktur Wolfswinkel war (Friese 2000, S. 115), begann eine über fünf Generationen anhaltende Bewirtschaftung der Papierfabrik durch die Familie, zeitweise unter Beteiligung der Familie Strehmann, Mitteilhaber der Berliner Papierhandlung und später auch der angeheiraten Familie Hankwitz. Nach dem Tod von Ebarts Sohn Johann Wilhelm Ebart wurden die Geschäfte von dessen Söhnen weiterhin unter dem Namen des Vaters als „Firma J.W. Ebart“ betrieben, bis sie 1842 in Firma „Gebr. Ebart“ umbenannt wurde. Im Juli 1923 kam es zur Neugründung der Firma als „Gebr. Ebart G.m.b.H.“, die im selben Jahr in eine Aktiengesellschaft unter der Leitung Rudolf Ebarts und Richard Hankwitz‘ umgewandelt wurde (Friese 2000, S. 238).

Entwicklungen unter der Familie Ebart

Unter Ebart erreichte die Fabrik eine beachtliche Größe. Er konnte die Produktion sowohl in Hinsicht auf die Menge als auch die Varianz des Angebots immens steigern. Ebart begann zudem mit dem Ausbau von Spechthausen. Das Fabrikgebäude war aufgestockt worden und mittels drei Wasserrädern von über fünf Metern Höhe wurden 120 Hämmer und drei Holländermühlen betrieben, die das Material zum Papierschöpfen aus acht Bütten lieferten (Friese 2000, S. 199).

Zur Zeit der napoleonischen und der Befreiungskriege war die Papierfabrik wenig lukrativ, da zunächst die Kontributionszahlungen und angeordneten Einquartierungen und im Anschluss Spenden für die Befreiung entrichtet wurden. Zudem hatten sich die Papiermachergesellen größtenteils den Truppen angeschlossen (Friese 2000, S. 208).

In den Jahren nach 1816 konnte die Anzahl der Bütten von acht auf zehn erhöht werden, da Ebart 1816 ein sechs Hektar großes Grundstück am Nonnenfließ, etwa einen Kilometer von Spechthausen entfernt, erworben hatte. Auf diesem Grundstück wurde ein Beiwerk errichtet, welches wichtige Arbeitsschritte auslagerte und so die Produktion der Fabrik gesteigert werden konnte (Friese 2000, S. 209).

Eine größere Modernisierung erfuhr Spechthausen ab 1833 unter den Geschwistern W. G. und K. E. Ebart. Um die Qualität des Papiers zu steigern wurde eine Klärgrube ausgehoben und eine Chlorgasbleiche errichtet, die auch bei Verwendung minderwertiger Lumpen für die gewünschte Weiße des Papiers sorgte. Zu weiteren Modernisierungen zählten die Ersetzung alte Holzfeueröfen, die zur Temperierung des Papierbreis in den Bütten benötigt wurden, durch einen Dampfkessel (1837), die Errichtung eines Satinierwerkes, welches zum Glätten der Papiere verwendet wurde (1837) und die Bestellung und Inbetriebnahme einer englischen Papiermaschine (1841), die einen Großteil der Schöpfbütten ersetzte (Friese 2000 S. 217).

Die Wasserräder konnten die von der Fabrik benötigte Energie nicht mehr liefern und so wurde zusätzlich ein Dampfkessel der Firma Borsig aufgestellt (Friese 2000, S. 227).

Während einer zweiten Welle der Modernisierung löste ein leistungsstärkeres englisches Fabrikat 1854 den Borsig-Dampfkessel ab und drei Jahre später sorgte eine Gasanstalt für die die Beleuchtung der Fabrik. Zuletzt ersetzte eine Turbine die Wasserräder (Friese 2000, S. 229).

Zwischen 1871 und 1877 wurde das alte Fabrikgebäude beinahe gänzlich neu errichtet. Drei massive Stockwerke ersetzten nunmehr die zuvor auf einem steinernen Erdgeschoss stehenden Geschosse aus Fachwerk. An der Seite des Gebäudes entstand für die Papiermaschine ein eigenes Haus, welches auch eine eigene Dampfmaschine beherbergte (Friese 2000, S. 230).

Knapp 15 Jahre lang kam es zu keinen baulichen Veränderungen bis auf Grund eines Erlasses des Kasseler Verbandes der Feuerversicherungsgesellschaft 1903 ein eigenes Gebäude für die Sortierung und Lagerung der Lumpen errichtet werden musste, da diese außerhalb der Fabrikgebäude aufbewahrt werden sollten. Sieben Jahre später kam es zum Austausch der bisherigen Papiermaschine durch ein neues und größeres Fabrikat. Auf Grund ihrer Größe war dafür der Bau eines weiteren neuen Gebäude notwendig (Friese 2000, S. 230). (Abb. 1-4)

Produkte der Papierfabrik unter der Familie Ebart

J. W. Ebart war ein recht aufgeschlossener Unternehmer und versuchte sich seit 1792 an englischem Velinpapier, welches im Gegensatz zum herkömmlichen Büttenpapier glatt und nicht durch die Drähte im Schöpfrahmen geriffelt war. Dies gelang ihm im Jahre 1795, als Erstem im Königreich Preußen. Im Anschluss versuchte er sich an der Herstellung von fälschungssicherem Papier. Entgegen der Versuche anderer Papiermacher, auch etwa aus Frankreich, versuchte Ebart fortan ein Wasserzeichen in das Velinpapier zu integrieren und erhielt durch diese Praktik den Auftrag für die Herstellung des Papiers für preußisches Papiergeld, genannt „preußische Tresorscheine“ (Friese 2000, S. 197). 1799 wurde die Arbeit an besagtem Papiergeld jedoch seitens der Regierung eingestellt. Ebart fokussierte sich ab dem Jahr 1800 vor allem auf die Herstellung von Papieren zur Herstellung von Kupferstichen, die rasant an Popularität gewannen (Friese 2000, S. 198).

Die Herstellung von Papieren zum Druck von Papiergeld blieb jedoch über Generationen ein wichtiger Absatzzweig für die Papierfabrik in Spechthausen. 1805 erhielt J. W. Ebart wie schon sein Vater vor ihm den Auftrag der Regierung, fälschungssicheres Papier zum Druck von Papiergeld herzustellen. Das ab 1806 erstmals ausgegebene Papiergeld ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem in Spechthausen geschöpftem Velinpapier samt Wasserzeichen gedruckt worden (Friese 2000, S. 208). Die Firma J. W. Ebart und später Gebrüder Ebart blieb bis zur Enteignung Papierlieferant für die Papiergeldherstellung. Neben diesen Lieferungen wurden in Spechthausen auch Papiere mit geschützten Wasserzeichen, die für zahlreiche private Großabnehmer bestimmt waren, hergestellt. Vor und während des Zweiten Weltkriegs wurde zudem Papier für die serienmäßige Fälschung britischer Pfundnoten hergestellt, die der britischen Wirtschaft massive Schäden zufügen sollten (Friese 2000, S. 241). (Abb. 5)

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zur Einstellung der Produktion. 1946 begann die Demontage und die Fabrik wurde im September 1947 schlussendlich enteignet (Friese 2000, S. 246).

Literatur

Friese, Karin: Papierfabriken im Finowtal. Die Geschichte der Papiermühlen und Papierfabriken vom 16. bis zum 20. Jahrhundert mit einem Katalog ihrer Wasserzeichen. Eberswalde 2000.

Hundert Jahre Papierfabrik Spechthausen. Festschrift zum 10. September 1887. Berlin 1987.

Abbildungsnachweis

Abb. 1-5 Kreisarchiv Barnim

Empfohlene Zitierweise

Maßmann, Hendrik: Papierfabrik Spechthausen, publiziert am 16.11.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)

Hendrik Maßmann

Entstehung

Die Entstehung der Papiermühle Wolfswinkel resultierte in erster Linie aus dem Niedergang der sogenannten Heegermühle westlich von Eberswalde. Die Papiermühle Heegermühle war im Verlauf des Siebenjährigen Kriegs 1760 von Kosaken in Brand gesetzt worden und infolgedessen vollständig niedergebrannt (Friese 2000, S. 97). Während ein Wiederaufbau außer Frage stand, ergaben sich diesbezüglich zwei Fragen: Zunächst beschäftigte die Verantwortlichen die Wahl eines geeigneten Standorts. Der zuständige Kriegs- und Domänenrat Feldmann hatte bereits im Vorfeld über eine Verlegung der Mühle an einen Ort namens „Wolffs-Winckel“ am Finowkanal nachgedacht, da der Wasserlauf am ursprünglichen Standort Heegermühle vor allem in den Sommermonaten zu wenig Wasser führte. Eine frühzeitige Verlegung hatte jedoch aus Kostengründen nicht stattgefunden (Friese 2000, S. 97). Gegen einen Wiederaufbau am ursprünglichen Standtort sprach sich zudem das benachbarte Messingwerk aus, da es deren Nutzung störe (Seifert 1998, S. 95).

Die zweite Frage, die sich bezüglich eines Wiederaufbaus stellte war, ob der Neubau der Papiermühle in Wolfswinkel aus königlichen Geldern finanziert und auf Zeit verpachtet werden sollte oder ob eine Privatperson den Bau bezahlen sollte und ihm diese daher in Erbpacht überlassen werden würde (Friese 2000, S. 97). Nach wechselhaften Verhandlungen mit mehreren Interessenten konnte sich der Papiermacher Daniel Gottlieb Schottler durchsetzen und erhielt im November 1762 die königliche Bestätigung, aus eigenen Mitteln in Wolfswinkel eine Papiermühle errichten zu dürfen, die er daraufhin in Erbpacht erhielt (Friese 2000, S. 100). Auf dem Gelände in Wolfswinkel, auf dem bereits historischer Baubestand vorhanden war, errichtete Schottler ein Wohn- und Mühlhaus, eine Unterbringung für Arbeiter, Stallungen und ein Haderhaus, wie aus dem 1762 aufgenommenen Situationsplan hervorgeht (Friese 100).

Für die Papiermühle in Wolfswinkel werden verschiedene Daten für die Fertigstellung angegeben. Was sich jedoch mit Sicherheit sagen lässt ist, dass sie 1765 in Betrieb genommen wurde (Seifert 1998, S. 95). Der mit Schottler geschlossene Erbpachtvertrag aus dem Jahr 1767 legte neben der nach dem Ende von drei Freijahren, deren Beginn auf Trinitatis 1765 datiert wurde, sowie der zu zahlenden Pacht, auch eine Pflichtlieferung von Papier an die Kurmärkische Kammer in Berlin fest (Seifert 1998, S. 95).

Technischer Ausbau und problematische Produktionsbedingungen

Schottler war auch Besitzer der Papiermühle am Werbellinfließ, die auf Grund ihrer Wasserarmut jedoch als beinahe ruiniert betrachtet wurde. Nachdem das Werbellin jedoch schiffbar gemacht worden war, erholte sich die Situation und Schottler konnte sie wieder regulär bewirtschaften. Er jedoch war nicht in der Lage, beide sich in seinem Besitz befindenden Mühlen zu bewirtschaften, da ihm das Geld dazu fehlte. Schottler hatte sich daher verschuldet und bat den König die Papiermühle in Wolfswinkel verkaufen zu dürfen (Friese 2000, S. 100/101). Der Vertrag aus dem März 1768 dokumentiert den Verkauf der Mühle an Johann Tobias Hantho.

Die Zeit der Papiermühle unter Hanthow wird vor allem durch die aus dem von Schottler übernommenen Vertrag gesetzten Pflichtlieferungen an die Kurmärkische Kammer und die schlechte Qualität seines Papiers charakterisiert. Hanthos Produktion konnte die gesetzten Pflichtlieferungen an die Kurmärkische Kammer nicht decken. Sein Papier war zudem auf Grund minderwertiger Ressourcen, einerseits verunreinigten Wassers als Resultat des in der Nähe angesiedelten Kupferhammers und der Schifffahrt, andererseits auch fehlenden Lumpen zur Fasergewinnung, die den Grundstoff zur Papierherstellung darstellten, von geringer Qualität. Der Aufforderung König Friedrichs II. im Jahr 1771 nach Papier vergleichbarer Qualität dem der holländischen und französischen Papiere konnte Hantho nicht nachkommen. Auch der hinzugezogene Jean Dubois (Bauherr und Unternehmer der Papiermühle Spechthausen) konnte nur feststellen, dass die Herstellung unter diesen Bedingungen nicht möglich sein würde (Friese 2000, S. 107). 1790 verkaufte Hantho die Papiermühle an Josua Fournier.

Fournier, Halbbruder des Eigentümers der Papiermanufaktur Spechthausen, baute die Papiermühle aus. In den Jahren bis 1796 wurden zunächst das mechanische Werk der Mühle ersetzt, die Wasserzufuhr (sowohl äußere als auch die innere Wasseranlagen) erneuert, eine Arbeiterkolonie, sowie ein Fabrikgebäude erbaut (Friese 2000, S. 115/116). Obwohl sich Fournier bereits als Fabrikant und die Mühle als Papierfabrik bezeichnet wurden (Friese 2000, S. 115), hatte die Produktion noch handwerklichen Charakter (Seifert 1998, S. 97). Aus der Expansion resultierte jedoch die Notwendigkeit, mehr Arbeiter zur Betreibung der Manufaktur zu gewinnen und so wurde die begonnene Siedlung in Wolfswinkel durch fünf massive Doppelhäuser erweitert. Die Bauarbeiten, sowohl am Fabrikgebäude als auch der Siedlung, waren 1796 abgeschlossen (Friese 2000, S. 118).

Unter Fournier wird von einer deutlichen Verbesserung des produzierten Papiers berichtet (Seifert 1998, S. 96). Als problematisch erwies sich jedoch die aus den Verträgen mit Schottler übernommene Verpflichtung zur Belieferung der Kurmärkischen Kammer zu einem Festpreis. So musste Fournier in Folge dessen Papier zu Preisen liefern, die den aktuellen nicht mehr entsprachen (Friese 2000, S. 118).

Die Papierfabrik im 19. Jahrhundert

Fournier verkaufte die Fabrik 1803 aus gesundheitlichen Gründen. Sie ging durch mehrere Hände, bis sie 1812 in den Besitz von Johann Friedrich Nitsche gelangte. Er erweiterte die Fabrik um ein Wohnhaus für zwölf Familien und eine Hadernmühle (Stampfwerk zur Zerkleinerung der Lumpen), die auf einem Situationsplan aus dem Jahr 1838/42 erstmals verzeichnet sind, und veranlasste den Neubau eines Schleusenmeisterhauses (Friese 2000, S. 134).

1822 konnte Nitsche nach Verhandlungen mit dem Ministerium für Handel und Gewerbe – Finanzministerium die Bestimmungen des Erbpachtvertrags dahingehend modifizieren, als dass die Pflichtlieferungen von Papier nicht mehr zu dem 1767 im Erbpachtvertrag mit Schottler festgelegten Festpreis geliefert werden mussten, sondern besagter Festpreis aufgehoben wurde. Sein Papier lieferte er ab 1822 an das Schreibmaterialien Magazin (Friese 2000, S. 134).

Nachdem das Einführungspatent für Papiermaschinen aus England des Berliner Fabrikanten Chorty im Jahre 1833 endete, kümmert sich Nitsche darum, eine englische Papiermaschine zu erwerben, die im Jahre 1834 in Wolfswinkel in Betrieb ging. Es ist belegt, dass Nitsche Angebote unterschiedlicher Hersteller von Papiermaschinen in England einholte und sich letztendlich für die der Firma Braithwaite entschied. Andere Maschinen, die diese ergänzten, stammten jedoch nicht von Braithwaite, etwa die später erworbene Kontenmaschine (eine Maschine, die durch eine siebartige Vorrichtung grobe Unreinheiten und Knoten verhindert) von Donkin in London und eine Beschneidemaschine von Hoffmann in Breslau. Es ist anzunehmen, dass die Bütten in Folge dessen schnell abgeschafft wurden (Friese 2000, S. 136/137). Erst mit diesem Schritt kam es zu einer Umstellung auf eine industrielle Produktion, sodass etwa ab diesem Zeitpunkt von einer tatsächlichen Fabrik gesprochen werden konnte (Seifert 1998, S. 97).

Nitsche starb im Jahre 1838. Aus dem Erbe ging die Firma Nitsche unter Beteiligung seiner drei Söhne und seiner Witwe hervor. Eine der frühen Errungenschaften der Firma war die bedingungslose und entschädigungsfreie Auflösung der Aufhebung der Papierlieferungen aus dem Erbpachtvertrag 1767. Bis zum Jahre 1864 wurden verschiedene Um- und Neubauten auf dem Gelände der Fabrik ausgeführt. Es erscheint durchaus möglich, dass auf Grund der Kosten dieser Maßnahmen Carl Marggraff 1865 als Teilhaber in die Firma eintrat. 1866 wurde eine zweite Papiermaschine aufgestellt, die als Schweizer Fabrikat ausgewiesen wurde. Eine damit einsetzende etwaige Welle der Modernisierung endete bereits sehr früh mit dem Tod J. F. Nitsches 1867.

Über einen Mittelsmann, einem Kaufmann namens Westphalen, erwarb Marggraff 1868 die Anteile der Firma, die vor seinem Tod J. F. Nitsche gehört hatten, und wurde somit Alleineigentümer der Firma (Abb. 1-3). Als solcher bezeichnete sich Marggraff jedoch erst ab 1871, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass Westphalen bis 1871 Miteigentümer gewesen sein muss. Im Jahr 1872 wurde die Firma unter der Leitung Marggraffs in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

Im Zusammenhang mit dem Wirtschaftswachstum der Gründerzeit gingen innerhalb der Papierbranche ein Rohstoffmangel und eine deutliche Verteuerung der Rohstoffe einher. Etliche neue Papierfabriken waren gegründet wurden, um die steigende Nachfrage zu befriedigen. Dies beutete neben der Verteuerung und dem Mangel an Rohstoffen auch ein steigendes Überangebot, was sich in sinkenden Preisen widerspiegelte (Friese 2000, S. 157/158).

Im Jahre 1875 musste die Papierfabrik Wolfswinkel Konkurs anmelden. Die Fabrik, die als Aktiengesellschaft agierte, wurde daher versteigert und wiederum von Marggraff gekauft, der ein Jahr später einen Mitteilhaber aufnahm. Der Betrieb firmierte in der Folge dessen als „Marggraff und Engel Wolfswinkel“. (Abb. 4-6)

Noch während der Rohstoffkriese hatte Marggraff in England gefertigte Bestandteile einer Holzstofffabrik bestellt, die der Herstellung chemischen Ersatzstoffs dienen sollte, was er jedoch auf Grund der wirtschaftlichen Lage der Aktiengesellschaft nicht endgültig durchführen konnte. Dennoch wurde die Fabrik Wolfswinkel immer weiter erweitert. Zählte sie 1874 noch 31 Gebäude, waren es 1878 bereits 46. Jedoch waren im Wesentlichem mehrere dieser Gebäude, die vorrangig für die eigene Herstellung von Ersatzstoffen für die Papierproduktion errichtet wurden, unbenutzt. Besagte Ersatzstoffe, namentlich vor allem Cellulose, wurden über den Hafen von Stettin aus Kopenhagen bezogen. Zwischenzeitlich war die Holzstofffabrik 1880 verkauft und für einige Jahre an dieser Stelle nach nötigen Um- und Neubauten die benötigte Cellulose hergestellt worden. Sie erwies sich jedoch recht schnell als unrentabel, sodass die Fima „Marggraff und Engel“ die Gebäude nach der Stilllegung der Holzstofffabrik nach nur vier Jahren wieder erwarben (Friese 2000, S. 160).

Die Papierfabrik im 20. Jahrhundert – als Teil sowie Zulieferer von Siemens bis zum VEB

In den folgenden Jahren über die Jahrhundertwende hinaus waren immer wieder Erneuerungen und damit auch Um- und Neubauten erforderlich, um dem technischen Entwicklungsstand der Zeit angepasst zu bleiben. So bezog man ab 1910 etwa Strom von dem benachbarten „Märkischen Elekticitäts Werk“ (Friese 2000, S. 162).

Nach Marggraffs Tod im Jahr 1917 erfolgte ein Verkauf der Papierfabrik an die Siemens-Schuckertwerke und eine Anpassung der Produktion an die Bedürfnisse der neuen Besitzer. In der Folge fertigte man nun vor allem Kabelisolierpapier. Auch die Anlagen in Wolfswinkel wurden den Erfordernissen des neuen Eigentümers angepasst. In den Jahren 1927 und 1928 kam es zur Beseitigung alter Bausubstanz und dem Neubau von Produktionshallen (Seifert 1998, S. 105) (Abb. 7, 8).

Die Werke bezogen ihre Rohstoffe – vor allem Cellulose – aus Skandinavien, die im Hafen von Stettin umgeschlagen und per Finowkähnen über das Wasser nach Wolfswinkel transportiert wurden (Abb. 9). Die Produktion lief in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts trotz des Ersten sowie Zweiten Weltkriegs und endete zunächst im April 1945. Nur wenige Tage später begann die Demontage, bei der so gut wie die gesamte Ausstattung der Fabrik konfisziert und abtransportiert wurde (Friese 2000, S.166/167). Im Anschluss daran wurde aus der Papierfabrik Wolfswinkel der „Volkseigene Betrieb Papierfabrik Wolfswinkel“ (Seifert 1998, S.106).

Literatur

Aurich, H.: Die Industrie am Finowkanal. Bilder aus dem Industrieleben am Finowkanal. Eberswalde 1906.

Friese, Karin: Papierfabriken im Finowtal. Die Geschichte der Papiermühlen und Papierfabriken vom 16. bis zum 20. Jahrhundert mit einem Katalog ihrer Wasserzeichen. Eberswalde 2000.

Schmidt, Rudolf: Von der Handpapierbütte zur modernsten Papiermaschine Europas. [1931].

Seifert, Karsten / Bodenschatz, Harald / Lorenz, Werner: Das Finowtal in Barnim. Wiege der Brandenburgisch-Preussischen Industrie. Berlin 2000 (2. Auflage).

Abbildungsnachweis

Abb. 1 Kreisarchiv Barnim.

Abb. 2, 7-9 Schmidt [1931].

Abb. 3-6 Aurich 1906.

Empfohlene Zitierweise

Maßmann, Hendrik: Papierfabrik Wolfswinkel, publiziert am 16.11.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)

 

Die Firma Phenoplast wurde im Jahre 1933 vom Dipl.-Ing. Otto Bischoff und dem Kaufmann Alfred Hahner in Eberswalde gegründet. Als Gegenstand des Unternehmens findet sich laut Eintrag im Handelsregister des Amtsgerichtes der Stadt Eberswalde die Verarbeitung von plastischen Massen zu Halb- und Fertigfabrikaten sowie der Vertrieb derselben (Chemische Industrie 1933, 464). Die Firma fertigte kleine einfache Pressteile auf der Basis von Phenol und Kresolpressmasse mittels Handpressen und mechanischer Pressen. Eine eigene kleine Schlosserei diente der Reparatur der Pressformen. Der Firmensitz befand sich in Eberswalde in den ehemaligen Räumlichkeiten der Bessel‘schen Brauerei in der Heegermühler Straße.

Produkte der Firma waren zunächst einfache Artikel für den Haushalt und den täglichen Bedarf, wie z. B. Schraubkappen aller Art für Flaschen und Behälter sowie Knöpfe. Die Zahl der Beschäftigten stieg 1933-1934 von anfangs 8-12 auf 20-25 und bestand vorwiegend aus weiblichen Arbeiterinnen. Durch die Weiterentwicklung von Pressmassen erfolgte dann auch die Herstellung von technischen Teilen, v.a. für die Elektrotechnik und den allgemeinen Maschinenbau. Darüber hinaus fertigte man auch Gasschutzartikel sowie Knöpfe für Gasschutzanzüge. Später kamen noch Kämme, Wasserfilter, Verpackungsdosen für Zahnpasta, Zerstäuber, Flugzeugteile und technische Teile für Radios hinzu (Abb. 1, 2).

Die stetig wachsende Produktion zog die Anschaffung mehrerer hydraulischer Pressen und Handpressen nach sich, so dass die bisherigen Fabrikationsräume nicht mehr ausreichten und 1939 ein Neubau errichtet wurde. Dieser befand sich in Eberswalde in der Heidestr. 7 und verfügte über die Fabrik, Bürogebäude und entsprechende Lagerplätze. Die Anzahl der Beschäftigten war nunmehr auf ca. 130 angewachsen. Verarbeitet wurden im Presswerk härtbare Phenoplaste, Aminoplaste, Bakelite-Pressstoffe; und im Spritzgusswerk nicht härtbare bzw. thermoplastische Kunststoffe wie Trolit, Trolitul, Plexigum, Mipolam u. a. m. (Schmidt 1941, 247) (Abb. 3).

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brachte auch für die Firma Phenoplast eine Umstellung der Fabrikation. Man fertigte nun überwiegend Press- und Spritzteile für die Radio-, Nachrichten- und Elektrotechnik. Die Entwicklung der neuen Teile erfolgte sowohl im Werk als auch bei den Auftraggebern, wie z.B. Telefunken oder Siemens. Die dazu notwendigen Maschinen entwarf man im Werk, aber ließ sie von anderen Werkzeugfirmen bauen, da aufgrund des Krieges kein eigener Werkzeugbau realisiert werden konnte.

Weiterhin wurden infolge des Krieges der Firma die männlichen Arbeitskräfte entzogen, so dass vermehrt Frauen eingesetzt wurden. Den Arbeitskräftemangel versuchte man auch durch den Einsatz französischer, später auch russischer, Kriegsgefangener auszugleichen. Insgesamt waren im Jahre 1944 210 Beschäftigte dort tätig, davon allein 118 Frauen. Die Firma arbeitete im Dreischichtsystem und erzielte in den Jahren 1943 und 1944 einen Jahresumsatz von ca. 1 Million Reichsmark. Sie produzierte bis zur Besetzung durch die Rote Armee im April 1945 und nahm unter deren Verwaltung sofort ihre Tätigkeit wieder auf.

Am 15. Juli 1948 wurde das beschlagnahmte Betriebsvermögen der Firma „Phenoplast, Bischoff & Co KG, Eberswalde“ auf Grund des Befehls Nr. 124 des Oberstern Chefs der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland vom 30.10.1945 enteignet und am 11.10.1948 auf Ersuchen der Stadt Eberswalde beim Amtsgericht Eberswalde im Handelsregister gelöscht.

 

(Textvorlage: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 75 Bischoff & Co. KG, Eberswalde; Bestandsübersicht / Firmengeschichte [Siehe: Hier], ergänzt und bearbeitet von Vinzenz Czech)

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep. 75 Bischoff & Co. KG, Eberswalde.

Literatur

Schmidt, Rudolf: Geschichte der Stadt Eberswalde. Band 2. Von 1740 bis 1940. Eberswalde 1941, S. 247f. [Siehe: Hier]

Die Chemische Industrie Band 56 (1933).

Abbildungsnachweis

Abb. 1, 2 Kunststoff-Museums-Verein e.V. Düsseldorf

Abb. 3 Metall-Korrosion im Bauwesen. Herausgegeben vom Präsidenten des Staatlichen Materialprüfungsamtes Berlin-Dahlem. Berlin 1941.

Empfohlene Zitierweise

Phenoplast Bischoff & Co. KG, Eberswalde, publiziert am 14.03.2022; in: Industriegeschichte Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)