Generalpacht

Robin Villain

Voraussetzung: Reform der Domanialverwaltung im 18. Jahrhundert

Herrschaftsexpansion und -verdichtung im 18. Jahrhundert machten es erforderlich, entweder 1.) neue Einnahmequellen zu erschließen oder 2.) die bestehenden in ihrem Ertrag zu heben. Kaum Wunder nimmt es also, wenn die Kammern (als frühmoderne Zentralstellen der Finanzverwaltung) daran gingen, den Nießbrauch auch jahrhundertealter Privilegien und Besitzungen einer grundsätzlichen Revision zu unterziehen – so auch des Domaniums als fürstlichem Tafelsilber: Man war festen willens, die „Domänenfrage“ ihrer endgültigen Beantwortung zuzuführen (Schmoller 1898, 168).

Wie der besagte, fürstliche Nießbrauch nun am einträglichsten ins Werk zu setzen sei, warf sich im 18. Jahrhundert endgültig zu einem „[…] Gegenstand größten Belanges […]“ auch der brandenburgisch-preußischen Domanialverwaltung auf (Stadelmann 1878, 86). Der Nähe zur Berliner Residenz geschuldet – seit 1722/23 auch Sitz des „General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Direktoriums“ (kurz Generaldirektorium) sowie der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer als seiner Unterbehörde –, reüssierte die Kurmark Brandenburg, die „Zentralprovinz“ Brandenburg-Preußens, zum domanialen Laboratorium der gesamten Monarchie (Neugebauer 2001, 105ff.).

Berücksichtigt man deren Besitzungen in den westlichen und östlichen Provinzen, dann nahm Kurbrandenburg hier eine Mittlerrolle zwischen den Extremen ein: Insgesamt waren das um 1700 ca. 650 Dörfer verteilt auf gut 40 Ämter, welche der Kurfürst in Teilen oder vollen Umfangs besaß; auf ca. 1260 adlige und 50 Kämmerei- oder städtische Dörfer gerechnet (Schmoller 1886, 25; Breysig 1895, 192; Amtskammer-Etat von 1695-96, 676-677), unterstand der Domanialverwaltung beinahe ein Drittel aller landwirtschaftlich-nutzbaren Liegenschaften im Land (Bratring 1804, 206). Etwa 30% aller kurmärkischen Bauern waren dem Kurfürsten – respektive seinen Familienmitgliedern oder Beamten – dienstpflichtig (Dähne 1928, 82; Czybulka 1949, 37). Bedenkt man den volkswirtschaftlichen Rang, welcher der Landwirtschaft im frühmodernen, agrarisch-geprägten Mitteleuropa noch zukam, dann erhellt daraus „[…] die fundamentale Bedeutung eines gut geordneten ‚Kammerstaats‘ […]“ (Isaacsohn 1874, 163).

Entwicklung der Pacht im 16. Jahrhundert

Bekanntlich hatte das kurmärkische Domanium im 16. Jahrhundert eine „[…] außerordentliche Zunahme […]“ erfahren, namentlich durch den Anfall Ruppins im Jahre 1524 sowie in Folge umfangreicher Säkularisationen nach 1539 (Schultze 1961, 85). Neue Domänenämter wurden eingerichtet, darunter so bedeutende, arrondierte Güterkomplexe wie Ruppin, Gramzow oder Lehnin. 1615 gab man etwa die Erträge von Ruppin mit 16.616, von Gramzow mit 12.586 und von Lehnin mit 11.255 Talern an; im Vergleich dazu erbrachten die alten Domänenämter Biesenthal, Liebenwalde oder Fehrbellin nur etwas mehr als 3.000 Taler (Erträge der kurmärkischen Ämter von 1615, 617). Gelangten einige auch als Pfand an kapitalkräftige Beamte, Militärs oder Gutsbesitzer, verfügten die Kurfürsten im Ergebnis doch über reichlichere Besitzungen als zuvor (Schulze 1935).

Zur Mitte des 16. Jahrhunderts – im Umfeld Kurfürst Joachims II. – begannen sich „rationelle“ Tendenzen bahn zu brechen, dem vermehrten Domanium auch einen größeren Ertrag abgewinnen zu wollen (Isaacsohn 1874, 698, 701-702). Allenthalben drängte sich die Frage auf, nach welchem Modus mit den Domänenämtern umzugehen sei. Um 1544 trat daher Eustachius von Schlieben mit seinen „Bedencken“ hervor, in denen er „funfferlei weg“ oder Verwaltungsmodalitäten erörterte: Einer dieser „fünf Wege“ und zugleich Schliebens Empfehlung ging dahin, alle Ämter „[…] auf einen schiedt […]“ auszutun und für „[…] das ganze ampt mit allen nutzungen […] alljährlich eine Summe Geldes zu verlangen („Bedencken“ des Eustachius von Schlieben, 101-102); im Grunde hatte Schlieben damit eine Art von Zeitpacht vorweggenommen.

Entwicklung der Pacht im 17. Jahrhundert

Allein die brandenburgische Domanialverwaltung ging einen anderen Weg: Im ganzen 16. und 17. Jahrhundert sollte es üblich bleiben, dass Amtshauptmänner für ein Naturaldeputat und eine kleine Summe Geldes Domänenämter „administrierten“ – also eine gewisse Oberaufsicht wahrnahmen, alle Erträge des Amtes zur Kammer abrechneten und Überschüsse nach Berlin lieferten – vgl. etwa die Bestallungen Jobst Gerhards von Hertefeld zum Amtshauptmann von Liebenwalde und Zehdenick oder Bernds von Arnim zum Amtshauptmann von Fürstenwalde und Lebus (Bestallung Hertefeld 1628; Bestallung Arnim 1642). Bisweilen wurden die Reingewinne eines Amtes auch zwischen Amtshauptmann und Kammer geteilt, „Gewährsadministration“ genannt. Vor Ort führten Amts- und Kornschreiber alle anfallenden Geschäfte; als Amtshauptmannschaften bald zu leeren Hüllen, zu Chargen ohne eigentlichen Kompetenzbereich verkamen, stiegen die Amtsschreiber zum lokalen Spitzenpersonal auf (Breysig 1895, 288-289).

Seit 1651 freilich hatten die Zeichen zunächst auf Reform gestanden: Nicht weniger war das Ziel, als die domanialen Naturaldeputate sämtlich in Barbezüge umzuwandeln; selbiges galt für die Überschüsse, welche die Domänenämter zum Hof abführten (Isaacsohn 1876, 165ff; Breysig 1895, 266ff.). Im Umfeld Kurfürst Friedrich Wilhelms griffen Gedanken Raum, „[…] ob es nicht besser, zutreglicher und bequemer sey […]“, wenn die Kammern ihre unterstehenden „[…] Embter an gute haußwirte ufs högste vermieteten […]“ („Instruktion zur redressirung des Cammer Stahts“ von 1652, 192). Die „Miete“ oder Pacht, im damaligen Sprachgebrauch auch „Pension“ (der jeweilige Inhaber wurde „Pensionarius“ geheißen) und „Arrende“ (der jeweilige Inhaber wurde „Arrendator“ geheißen), erschien der Amtskammer als probates Mittel, die domaniale Natural- endgültig in eine Geldwirtschaft umzuwandeln (Breysig 1895, 270).

Noch im Januar 1652 wurde der Amtskammerrat Joachim Schulze angewiesen, „[…] alle Unsre Embter entweder ingesambt mit aller zubehörung oder, da die Haupt Embter einem oder dem andern allein zu viel sein […]“, „[…] particulatim davon gewiße stücke an ehrliche und wol geseßene und verstendige Hauswirthe ohne unterscheidt des Standes […]“ zu verpachten, die Kontrakte nur „[…] vorbehaltlich kurfürstlicher Ratification, doch höchstens auf 9 Jahre und unter progressiver Pensionssteigerung […]“ zu schließen. Pächter sollten eine Kaution hinterlegen; die Pachtsummen selbst waren – wenigstens – ein halbes Jahr im Voraus zu zahlen (Instruktion für Joachim Schulze von 1652, 195). In „Abkündigungen von den Kanzeln“ und „gedruckten Zetteln“, bzw. Flugblättern suchte man, die Aufmerksamkeit möglicher „Pachtliebhaber“ zu erregen (Isaacsohn 1876, 176; Breysig 1895, 273). Zugleich erging Befehl, alle Ämter zu besichtigen, Inventare anzufertigen, überflüssige Bediente zu entlassen und ggf. bäuerliche Fuhrdienste durch Dienstgelder abzulösen (Instruktion bezüglich der „Verarrendierungsgeschäfte“ von 1652). Waren 1652 wohl 13 von 28 Ämtern verpachtet, sank die Zahl bis 1659 wieder auf sieben von 31 (exklusive einiger Güter); alle übrigen Ämter unterstanden Amtshauptmännern, eigentlich aber Amtsschreibern zur Administration (Breysig 1895, 275, 281, 283, 291-292). Im Ergebnis wurde „[…] unsicher zwischen Verpachtung und Administration […] hin und hergeschwankt“ (Schmoller 1898, 167); beide Systeme koexistierten bis Mitte der 1680er Jahre gleichberechtigt.

Eine wirkliche Trendwende leitete ab 1683 erst Dodo II. zu Inn- und Knyphausen ein: Wie kein Amts-, bzw. Hofkammerpräsident es vor ihm getan hatte, verwandte sich Knyphausen ganz und gar für die Verpachtung (Storch 1912, 50ff.). Von wenigen Ausnahmen abgesehen (Ruppin, Saarmund und Dambeck), standen Ende der 1680er Jahre nahezu alle kurmärkischen Ämter in Zeitpacht. Das 1652 formierte System aufgreifend, nahm Knyphausen einige Kurskorrekturen vor: Einerseits sollten alle Produktrenten, bzw. Abgaben der Untertanen administriert bleiben – also exklusive der Pacht verrechnet werden; andererseits fixierte man die Arbeitsrenten, bzw. Dienstpflichten, um die Domänenbauern gegen allzu ambitionierte Pächter in Schutz zu nehmen (Isaacsohn 1878, 253ff; Breysig 1895, 359).

Keinesfalls aber galt die Verpachtung schon als allgemeiner Grundsatz, wie eine verwaltungsgeschichtliche Episode aus dem frühen 18. Jahrhundert verdeutlicht: Seit etwa 1700 ging der Amtsrat Christian Friedrich Luben mit einigem Eifer daran, die kurfürstlichen Vorwerke vererbpachten zu lassen (Isaacsohn 1878, 289ff; Lisch 1848, 198ff; Strehlke 1954; Flakowski 1910). Gegen Zahlung einer fixen, größeren Summe Geldes und periodisch zu leistendem, nur mäßigem Pachtzins bot man den Domänenbauern Gelegenheit, ihre Höfe in Erbpacht anzunehmen – im Grunde also eigentümlich zu erwerben (Edikt von der Erbpacht); viele Bauern gingen bereitwillig auf das Angebot ein. Lubens Projekt gleichwohl krankte an der Marktpreisentwicklung von Getreide, welches im 18. Jahrhundert in stetiger Teuerung begriffen war – wovon nun im Wesentlichen die Erbpächter profitiert hätten (Abel 1978, 162ff.). Schon 1710 sahen sich einige Amtsräte daher genötigt, Erbpachtkontrakte in größerer Menge zu kassieren (Isaacsohn 1878, 299f.). Zur Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert war das letzte Wort in Sachen Domanialverwaltung also keineswegs gesprochen, vielmehr standen Administration, Verpachtung und Erbpacht als Systeme noch ambivalent nebeneinander.

Erscheinungsbild der Generalpacht

Einen wirklichen Systemwechsel brachte erst das Reformwerk von König Friedrich Wilhelm I., der „seine schönen Domänen“ bzw. die Domanialverwaltung im Ganzen zur dringlichen Chefsache erklärte (Politisches Testament König Friedrich Wilhelms I. von 1722, 81). Zunächst richtete sich das Aufsehen darauf, in Zukunft keine Domänenämter oder -güter mehr verpfänden, verkaufen oder verschenken zu lassen, das Domanium also in seinem Bestand zu konservieren. Auch war der König bestrebt, „[…] dergestalt veräusserte Lande, Güter und Einkünffte wieder an sich zu nehmen […]“, verlorenes Domanium also dem Fiskus zuzuführen (Edikt von der „Inalienabilität derer alten und neuen Domainen-Gutyer“). Vor allem ging es darum, die Erbpacht ein für alle Mal zu kassieren, bzw. die Erbpächter auszuzahlen; gegen 1719/20 waren die Rückabwicklungen wohl zum größten Teil abgeschlossen (Isaacsohn 1874, 706ff; Stadelmann 1878, 88-99).

Jetzt erst ging der König daran, einen finalen „[…] Schluss wegen des Modi procedendi […]“ zu fassen, wie die Domänenämter „[…] aufs höchste und beste auszubringen […]“ seien („Methoden der Domainenverpachtung“ von 1719/20, 242, 239). 1722/23 trug er den Kriegs- und Domänenkammern auf, „[…] alles gennerahliter […]“ zu verpachten, „[…] es mag nahmen haben wie es will […]“ (Instruktion für das Generaldirektorium von 1722, 549). Das Novum für Brandenburg-Preußen bestand darin, domaniale Verwaltungsbezirke nun im Ganzen – inklusive aller Vorwerke und Abgaben der Untertanen – an einen Pächter zu geben; der entsprechende Modus Procedendi, das System hieß daher Generalpacht. Wessen Geistes Kind sie war, welche Traditionslinien in der Generalpacht zusammenliefen, bliebe im Rahmen einer grundständigen Studie zu klären. Jedenfalls aber sind Anleihen aus Kurhannover sehr wahrscheinlich, wo Ämter schon im späten 17. Jahrhundert generalverpachtet wurden (Berger 1951; Laufer 2014, 280).

1719 hatte der Wirkliche Geheime Rath Friedrich von Görne eine „Methode“ formiert, wonach die Kriegs- und Domänenkammern ihre Pachtanschläge nehmen sollten („Methoden der Domainenverpachtung“ von 1719/20, 239); der König ließ sie als Principia regulativa, als Grundsätze der Domanialverwaltung konfirmieren und verbreiten (Stadelmann 1878, 96). Dieses, von Friedrich Wilhelm so genannte „von Görne Principe“ diente im Wesentlichen zu dem Zweck, Vertrauen zwischen Kammern und Pächtern zu stiften (Instruktion für das Generaldirektorium von 1722, 549). Es galt der Grundsatz: „Was Ihm versprochen ist mus die pachters heilich gehalten werden […]“ (Ebd., 550-551). Detaillierte Taxationen, etwa durch Ausmessung der Äcker, Anlage mehrjähriger General-Etats, Dienstregister usw. sollten es Interessenten möglich machen, „[…] von fremden Orthen ohne einmahl die Aemter zu besehen, sich in importante Pachtungen […]“ einzulassen („Methoden der Domainenverpachtung“ von 1719/20, 240).

Rücksichtlich solcher Taxationen schlugen die Kriegs- und Domänenkammern freistehende Pachten öffentlich an – die Vergabe erfolgte dann im Rahmen einer „Lizitation“, also Versteigerung an den Meistbietenden. Alsbald kam es in Gebrauch, die amtierenden Pächter zu bevorzugen, insofern ihnen Konduitenlisten untadeliges und Wohlverhalten bescheinigten. Nach Hinterlegung einer Kaution – zunächst ein Viertel bis ein Drittel, später das Ein- bis Zweifache der Pachtsumme – war in jedem Quartal ein Viertel der Pachtsumme zu entrichten (jeweils Ende März, Juni, September und Dezember). Sahen die Kriegs- und Domänenkammern im Anfang noch sehr streng darauf, eine Pachtdauer von sechs Jahren nicht zu überschreiten, stieg sie Ende des 18. Jahrhunderts auf bis zu zwölf Jahre. Die Teuerung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen einkalkulierend, stiegen die Pachtsummen von Prolongation zu Prolongation mäßig an, gewöhnlich um etwa fünf Prozent. Unter Anstrengung aller ökonomisch-nutzbaren Rechtstitel suchten die Generalpächter – in Doppelfunktion zugleich Agrarunternehmer und Verwaltungsbeamte, daher auch als „Ökonomie-Beamte“ bezeichnet – höchstmögliche Erträge zu erzielen. Die Generalpacht erreichte damit eine Verschränkung volks- und privatwirtschaftlicher Interessen: Denn wollte der bisherige Inhaber „seines“ Amtes nicht verlustig gehen, musste er ein ansehnliches „Surplus“ machen, Investitionen tätigen sowie die Untertanen nur moderat belasten – der Kriegs- und Domänenkammer also nicht durch prozessierende Gemeinden auffallen (Müller 1965, 165ff; Heegewaldt 2003, 177ff; Ders. 2012, 163ff.).

Die größten Gewinnmargen lagen im Getreidehandel, weshalb die Vorwerkswirtschaft wohl „principalstes Stück der Nutzung“ war („Methoden der Domainenverpachtung“ von 1719/20, 241). Um 1800 bestanden in 61 kurmärkischen Ämtern (exklusive der „Herrschaften“ Schwedt und Wusterhausen) schließlich 243 Vorwerke, im Mittel also vier je Amt (Bratring 1804, 57, 207). In der Regel stand es Generalpächtern frei, ihrerseits Vorwerke in die Hände nachgeordneter Dritter, daher auch „Afterpächter“ genannt, fortzugeben. Wie die kurmärkischen Spezial-Ämter-Etats oder Pachtanschläge zeigen, geriet die Eigenwirtschaft zur tragenden Säule, zum alles beherrschenden Primat domanialen Wirtschaftens – und blieb es, so lange der preußische Staat über Domänenämter verfügte (Kurmärkische Spezial-Ämter-Etats von 1724 bis 1725). Eine Generalpacht inne zu haben bedeutete in erster Linie, ein agrarisches Großunternehmen zu führen. Verständlich also, wenn sich Männer wie Karl Friedrich von Benekendorff (Benekendorff 1779) oder Albrecht Daniel Thaer (Thaer 1809, 80ff.) – beide ausgewiesene Agrarexperten ihrer Zeit – wiederholt Fragen der domanialen Landwirtschaft annahmen.

Ausgang und Ende

Die übrigen Pertinenzien – in erster Linie Arbeits- und Produktrenten, aber auch Sporteln oder andere Gefälle – verkamen zu Beiwerk, ja dienten sie im Wesentlichen nur mehr dem Zweck, den Generalpächter in seinem Wirtschaften zu unterstützen. Als Inhaber des Ius minorum mit dem Untergericht begabt, sprach er in erster Instanz über die domaniale Bauernschaft Recht. Stand nun die Höhe zu leistender Hand-, Spann- oder Fuhrdienste zur Disposition, entschied der Generalpächter bisweilen in eigener Sache und zu eigenen Gunsten. Von den Kammern als abzustellender Missstand erkannt, nahm sich die friderizianische Justizreform dessen an. Rechtsprechung und -verwaltung voneinander scheidend, wurden nach 1770 sog. „Justizämter“ geschaffen; zumeist für die Untergerichte auf vier Domänenämtern zuständig, leitete sie ein akademisch-geschulter Justitiar. Erst mit den Stein-Hardenbergschen Reformen von 1807 entfielen dann alle Arbeitsrenten; zur selben Zeit benahm man der Pächter ihrer Aufgaben als Verwaltungsbeamte und beschränkte sie darauf, die Vorwerke zu bewirtschaften (Fauck 1965). Hatte die Generalpacht im frühen 19. Jahrhundert also, nach einem knappen Säkulum zu bestehen aufgehört, konnten die ehemaligen Generalpächter doch mehrenteils ihren gesellschaftlichen Stand wahren. Im Laufe des 18. Jahrhunderts zu einer regelrechten „Pächterklasse“ zusammengewachsen, hatten sich kapitalkräftige Familienverbände formiert; im 19. Jahrhundert sollten sie den Grundstock eines in Preußen erstarkenden Großbürgertums bilden (Müller 1989, 129ff.).

Quellen

Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 2, Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer, D. 363: Churmärckische Special Aemter=Etats von Trinitatis 1724 bis 1725 [Zitiert als Kurmärkische Spezial-Ämter-Etats von 1724 bis 1725].

Ebd., D. 491: Besetzung der Amtshauptmannschaften der Ämter Fürstenwalde und Lebus (1632-1763) [Zitiert als Bestallung Arnim 1642].

Ebd., D. 505: Bestallung der Amtshauptleute in den Ämtern Liebenwalde und Zehdenick (1622-1717) [Zitiert als Bestallung Hertefeld 1628].

Amtskammer-Etat für Trin. 1695-96. o.D. In: Breysig 1895, S. 676-683, Nr. 76 [Zitiert als Amtskammer-Etat von 1695-96].[Siehe: Hier]

Bedencken, wie die vorgewesene unordnung und beschwerung in besserung zu bringen. In: Hass, Martin: Ein finanzpolitisches Reform-Programm aus der Zeit Joachims II. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 24 (1911), S. 85-108, hier S. 100-107 [Zitiert als „Bedencken“ des Eustachius von Schlieben].[Siehe: Hier]

Benekendorff, Karl Friedrich von: Der Landwirth in und nach dem Kriege. Von dem Verfasser der Berliner Beiträge zur Landwirthschaftswissenschaft und der Oeconomia Forensis. Berlin 1779.

Der Kurfürst an Platow und Reinhardt. Dat. Kleve 2. April 1652 [Sie sollen an den Verarrendierungsgeschäften Tornows und Schulzes teilnehmen. Instruktion dafür]. In: Breysig 1895, S. 642-643, Nr. 64 [Zitiert als Instruktion bezüglich der „Verarrendierungsgeschäfte“ von 1652].[Siehe: Hier]

Edict vom Erb-Pacht, und dessen Einrichtung. Vom 28. Februar. 1705. In: Corpus Constitutionum Marchicarum, Oder Königl. Preußis. und Churfürstl. Brandenburgische in der Chur- und Marck Brandenburg, auch incorporirten Landen publicierte und ergangene Ordnungen, Edicta, Mandata, Rescripta [et]c.: Von Zeiten Friedrichs I. Churfürsten zu Brandenburg, [et]c. biß ietzo unter der Regierung Friderich Wilhelms, Königs in Preußen [et]c. ad annum 1736. […] colligiret und ans Licht gegeben von Christian Otto Mylius. Berlin 1737-1755, Theil IV, Abth. II, Cap. III, No. VI [Zitiert als Edikt von der Erbpacht]. [Siehe: Hier]

Edict von der Inalienabilität derer alten und neuen Domainen-Gutyer. Vom 13. Aug. 1713. In: Ebd., Theil IV, Abth. II, Cap. III, No. XIII [Zitiert als Edikt von der „Inalienabilität derer alten und neuen Domainen-Gutyer“].[Siehe: Hier]

Eigenhändiger Entwurf König Friedrich Wilhelms I. zu der Instruction für das Generaldirectorium. Jagdhaus Schönebeck December 1722. In: Schmoller, Gustav; Krauske, Otto; Loewe, Victor (Bearb.): Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert. Bd. 3: Akten vom Januar 1718 bis Januar 1723. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Abt. 1. Behördenorganisation und allgemeine Staatsverwaltung. Berlin 1901, S. 532-575, Nr. 279 [Zitiert als Instruktion für das Generaldirektorium von 1722]. [Siehe: Hier]

Instructio, Wornach sich Unser von Gottes gnaden, Friedrich Wilhelm, Marggraf Bestalter AmbtsRath zu Cölln a Sp. undt lieber getrewer Joachim Schulz in seiner ruckreyße von hinnen unterwegs zu Halberstadt undt zum Berlin in verrichtung Unsrer Sachen verhalten soll, d. Cleve, 29. Januar 1652. In: Isaacsohn 1876, Beilage No. VII, S. 194-196 [Zitiert als Instruktion für Joachim Schulze von 1652].[Siehe: Hier]

Instruction König Friedrich Wilhelms I. für seinen Nachfolger. In: Küntzel, Georg; Hass, Martin (Hrsg.): Die politischen Testamente der Hohenzollern. Nebst ergänzenden Aktenstücken. Bd. 1: Die Hofordnung Joachims II. Die politischen Testamente des Großen Kurfürsten von 1667 und Friedrich Wilhelms I. von 1722. In: Brandenburg, Erich; Seeliger, Gerhard (Hrsg.): Quellensammlung zur deutschen Geschichte. Leipzig und Berlin 1911, S. 69-94 [Zitiert als Politisches Testament König Friedrich Wilhelms I. von 1722]. [Siehe: Hier]

Instruktion zu redressirung des Cammer Stahts in der Chur Mark Brandenburg vom 4. Dezember 1651. In: Isaacsohn 1876, Beilage No. VI, S. 190-194 [Zitiert als „Instruktion zur redressirung des Cammer Stahts“ von 1651].[Siehe: Hier]

Königl. Instruction an sämmtliche Provinzialkammern in Betreff der Methoden der Domainenverpachtung. In: Stadelmann 1878, S. 239-242, Nr. 9 [Zitiert als „Methoden der Domainenverpachtung“ von 1719/1720]. [Siehe: Hier]

Thaer, Albrecht Daniel: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Begründung der Lehre und des Gewerbes. Oekonomie oder die Lehre von den landwirthschaftlichen Verhältnissen. Berlin 1809.

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Literatur

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Strehlke, Rosemarie: Der Verlauf der Domänenerbpacht im 18. Jahrhundert: Dargestellt an einigen Beispielen im Herzogtum Magdeburg. o.O. 1954.

Abbildungsnachweis

Abb. 1 https://nat.museum-digital.de/singleimage.php?objektnum=972&imagenr=1347 (Gleimhaus Halberstadt / Ulrich Schrader, CC BY-NC-SA)

Abb. 2 https://commons.wikimedia.org (Foto: Doris Anthony, CC BY-SA 4.0)

Abb. 3 https://commons.wikimedia.org (Foto: Engeser, CC BY-SA 4.0)

Abb. 4 https://commons.wikimedia.org (Foto: Engeser, CC BY-SA 4.0)

Abb. 5 Paech, Herbert: Amt Chorin. Berlin 1936.

Empfohlene Zitierweise

Villain, Robin: Generalpacht, publiziert am 08.10.2018; in: Historisches Lexikon Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de (TT.MM.JJJJ)

Kategorien

Epochen: Konfessionelles Zeitalter - Absolutismus / Aufklärung - Preußische Provinz
Themen: Herrschaft und Verwaltung - Wirtschaft - Ländlicher Raum


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